Ist die Inflation zurück? Was Unternehmer und Gründer beachten sollten

Ist die Inflation zurück? Was Unternehmer und Gründer beachten sollten

Das „Schreckgespenst Inflation“ war viele Jahre verschwunden: Tatsächlich ist eine ganze Generation quasi ohne nennenswerte Verteuerung aufgewachsen – zumindest nicht im offiziellen Warenkorb. Anleger wissen, dass die Inflation nie wirklich „weg“ war, sondern sich im letzten Jahrzehnt vermehrt auf Anlageobjekte, von Aktien über Edelmetalle bis hin zu Immobilien, fokussierte. Nun droht sie, bedingt durch die Geldschwemme der internationalen Corona-Hilfen, auch auf die Realwirtschaft überzugreifen. Welchen Effekt hat das auf Unternehmer und Gründer?

Eine kurze Auffrischung: Was eigentlich ist Inflation?

Inflation lässt sich in „hausgemacht“ und „importiert“ unterteilen, unabhängig davon ist sie aber immer das Gegenstück zur Deflation. Was die Inflation, deren Begriff sich von „inflatio“ ableitet, eigentlich macht? Sie „verteuert“ Waren und Leistungen, steigert also das Preisniveau. Das ist schon deshalb notwendig, weil die Welt in einem wachstumsorientierten Wirtschaftssystem mit einer ständig steigenden Produktivität einerseits und Geldmenge andererseits agiert. Idealerweise steigen simultan zum Preisniveau die Reallöhne: Was in der Praxis (leider) nicht immer zutrifft. Außerdem: Notenbanken können einer zu starken, gefährlichen Inflation entgegentreten, indem sie die Leitzinsen erhöhen – idealerweise ohne, dass die Realwirtschaft dadurch enormen Schaden nimmt.

Welchen Effekt hat eine (zu hohe) Inflation generell auf Unternehmen?

Erfahrungsgemäß trifft Inflation vor allem junge und kleine Unternehmen am stärksten – besonders dann, wenn diese noch voll auf Wachstumskurs sind. Zuletzt hat die Angst vor Inflation deshalb auch zu einer starken Abwertung am amerikanischen NASDAQ geführt, Small- und Mid-Caps aus dem Growth-Sektor verloren teilweise bis zu 50 %. Geschuldet ist das dem Effekt, den Inflation auf solche Unternehmen hat, insbesondere dann, wenn sie über längere Zeit bestehen bleibt. Zum aktuellen Zeitpunkt geht der Vorsitzende der US-Notenbank FED noch von einer vorübergehenden inflationären Phase aus, wie er bei einer Anhörung kundtat.

Für kleine und mittelständische Unternehmen in der Wachstumsphase ist eine zu hohe Inflation aus mehreren Aspekten eine Bedrohung:

  • ihre in die Zukunft extrapolierten Gewinne (das Wachstum) werden durch die Inflation effektiv verwässert, was zu einer Herabstufung des Unternehmenswertes führt
  • eine hohe Inflation führt zu hohen Zinsen, was kleine Unternehmen auf Wachstumskurs überproportional belastet
  • die Refinanzierungskosten steigen für alle Unternehmen, vor allem solche mit einer schlechteren Bonität
  • notwendige Abschreibungen könnten den Unternehmenswert reduzieren
  • inflationsbedingte Preiserhöhungen müssen gegebenenfalls an den Kunden weitergegeben werden, was eine Kommunikationsstrategie erfordert und der Markenwahrnehmung schaden kann

Eine sehr hohe Inflation verändert also die Spielregeln für Unternehmer und Gründer – insbesondere, wenn diese noch keine eigenen Gewinne erzielen und folglich auf Finanzierungsrunden beziehungsweise fortlaufende Refinanzierungen mit Fremdkapital angewiesen sind.

So können sich Gründer und Unternehmen auf inflationäre Tendenzen vorbereiten

Der wichtigste Aspekt zuerst: Ein Unternehmensmodell und Businessplan sollten funktionieren, unabhängig davon, ob die Inflation 1 oder 5 % beträgt. Einem starken Unternehmen oder einem soliden Businessplan wird also auch die Inflation keinen Strich durch die Rechnung machen, wenngleich sie mitunter Hürden in den Weg stellt.

Zunächst müssen Unternehmen in inflationären Zeiten anders planen. Am Kapitalmarkt notierte Unternehmen können sich Instrumente wie Wandelanleihen mit attraktiven Konditionen zu Nutze machen, um eine (relativ) günstige Finanzierung sicherzustellen. Gründer oder nicht börsennotierte Unternehmen haben diese Option nicht. Sie sollten also vorausschauend agieren und vor allem mit Garantiezins arbeiten. Der Garantiezins gewährleistet ihnen zumindest für einen (kleinen) Zeitraum sichere Konditionen. Des Weiteren sollten Unternehmen finanziell restrukturieren, variable Darlehen gegebenenfalls ablösen, entweder durch Rückzahlung oder eine vorzeitige Refinanzierung mit Garantiezins.

Abschreibungen auf inflationäre Güter können die Steuerlast effektiv mindern, vor allem wenn die Steuersätze der Inflation hinterherhinken. Ein guter Steuerberater wird sicherstellen, dass die Steuerlast optimal verteilt wird und Abschreibungen ebenso wie Refinanzierungen sinnvoll steuermindernd einsetzen. Des Weiteren sollten Unternehmen, die im B2C-Sektor agieren, frühzeitig Strategien für mögliche Preiserhöhungen ausarbeiten. Privatverbraucher bemerken häufig oder wissen gar nicht, was Inflation ist, sehen stattdessen nur die vermeintlich unbegründete Preissteigerung. Eine transparente Kommunikationsstrategie kann Schaden von der Marke abwenden und auch in inflationären Zeiten gleichbleibend hohe Margen gewährleisten.

Gründer arbeiten idealerweise bereits in ihrem Businessplan mit prognostizierten, statt historischen Inflationsraten. Finanzierungskosten in Zeiten des 0-Prozent-Leitzins auch so zu verwenden, sieht zwar auf dem Papier gut aus, offeriert aber keine Lösung, falls es tatsächlich zur starken Inflation kommt. Besser ist, schon im Businessplan Modelle mit unterschiedlich hohem Zinssatz sowie alternative Finanzierungsmodelle auszuarbeiten. Zusätzliches Eigenkapital einzubringen, was in Folge der Inflation sowieso an Realwert verliert, kann ebenso sinnvoll sein. In jedem Fall signalisieren Gründer Geldgebern damit, dass sie aktiv für den „Fall der Fälle“ planen.

Autor/in: Benjamin Fink
Veröffentlicht am 11. August 2021

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