Wer schneller liest, ist im Studium klar im Vorteil. Denn mit Speed Reading kann man seine Lesegeschwindigkeit verdreifachen. Dr. Marion Schultheiss gibt Tipps, wie Sie sich von typischen Lesefehlern verabschieden können.
Studierende nehmen über 80 % aller Informationen über Texte auf. Wer schnell Lesen kann, ist folglich klar im Vorteil. Speed Reading bietet Ihnen eine interessante Möglichkeit, den studentischen Alltag effizienter zu gestalten und mehr Freiräume zu genießen. Die Lesetechnik ermöglicht es Ihnen, Ihre Lesegeschwindigkeit deutlich zu steigern. Eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Geschwindigkeit, bei guter Erfassung der Inhalte, ist durchaus üblich.
Speed Reading kann von jedem erlernt werden. Wichtig ist allerdings die individuelle Grundhaltung. Gelegentlich bekomme ich Fragen gestellt wie: „Genügt es, wenn ich mir den Text ansehe oder muss ich ihn auch lesen?“. Speed Reading ist eine Arbeitstechnik – sie muss geübt und angewendet werden, um funktionieren zu können. Mit dem „Ansehen“ des Textes ist es natürlich nicht getan. Die Lesetechnik ist einfach und rasch zu erlernen, doch ohne Ihren Einsatz und Ihre Motivation geht es nicht.
Oft wird vermutet, dass Speed Reading eine noch relativ kurze Geschichte hat. Interessanterweise ist genau das Gegenteil der Fall: Die Lesetechnik wurde bereits in den 1920er-Jahren gelehrt. An amerikanischen Eliteuniversitäten ist Speed Reading schon seit den 1940er-Jahren zuhause.
In Europa scheint es sich nur langsam zu etablieren. Die Vorurteile sind vielerorts offenbar noch zu groß. Schade! Denn durch die deutlich raschere Erschließung der Lerninhalte ist es schon nach wenigen Stunden möglich, konzentrierter, effizienter und letztlich cleverer zu Lernen und zu Studieren.
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Ich selbst habe die Technik erst erlernt, als ich mich auf meine Rigorosen vorbereitet habe. Die beiden Grundstudien habe ich noch als „normale“ Leserin bewältigt. Speed Reading Literatur besaß ich zum damaligen Zeitpunkt schon seit beinahe 10 Jahren, doch ich war zu misstrauisch, um die Technik zu erproben. Die Versprechen schienen mir zu hoch gegriffen, ja schon beinahe unseriös. Aus heutiger Sicht weiß ich, dass ich mir viel erspart hätte, wenn ich mich mit Speed Reading bereits früher befasst hätte.
Sie können übrigens schon beachtlich an Leseeffizienz gewinnen, wenn Sie sich von den häufigsten drei Lesefehlern verabschieden. Gerne möchte ich Ihnen diesbezüglich ein paar Tipps geben:
Kennen Sie das? Sie lesen bereits seit einigen Minuten, doch Ihre Gedanken schweifen ständig ab. Sie haben keine Idee, was auf den letzten paar Seiten steht. Dafür denken Sie aber gerade darüber nach, ob Sie noch ausreichend Milch im Kühlschrank haben!
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Wer langsam liest, liest nicht selten auch unkonzentriert. Die Gedanken schweifen ab und springen von Thema zu Thema. Texte werden nur oberflächlich abgetastet, aber nicht erfasst. Wer schneller liest, liest meist auch konzentrierter.
Tipp: Lesen Sie aktiv! Suchen Sie im Text bewusst, bereits im Vorfeld, nach Antworten. Lesen Sie nicht passiv bzw. lassen Sie den Text niemals einfach nur über sich ergehen. Fragen Sie sich vor dem Lesen, warum Sie den Text lesen. Welches Ergebnis wollen Sie erzielen? Welche Informationen wollen Sie gewinnen?
Das ungeplante Zurückspringen im Text und das mehrfache Lesen von Textpassagen kostet sehr viel Zeit. Der durchschnittliche Leser verbringt rund 30% der Zeit damit, bereits Gelesenes nochmals zu lesen. Das ist ineffizient und schadet nicht selten auch der Konzentration.
Tipp: Um die Regression zu vermeiden, hilft es, das Auge z. B. mit einem Stift über den Text zu führen. Fahren Sie Zeile für Zeile mit Ihrer Zeigehilfe ab und achten Sie darauf, dass Ihre Augen dem Stift stets folgen. Zu Beginn ist das gar nicht so einfach, da Ihre Augen es bislang gewohnt sind, auf dem Blatt Papier verweilen zu können wo sie wollen. Auch bezüglich der Verweildauer gab es bislang keine Einschränkungen. Bleiben Sie konsequent! Sie werden feststellen, dass sie sich schon nach rund 20 bis 30 Minuten an die neue Lesehilfe gewöhnt haben.
Falls Sie sich bezüglich des Mitzeigens Gedanken machen, weil Sie noch die Aussage aus der Grundschule im Ohr haben: „Wer mit den Fingern mitzeigt, ist ein schlechter Leser!“, kann ich Sie beruhigen. In unseren Seminaren hat sich noch nie ein Leser durch das Mitzeigen verschlechtert. Ganz im Gegenteil!
Hören Sie den Text, den Sie lesen? Ja? Dann gehören Sie zu den über 98 Prozent der Leser, die subvokalisieren. Dieser Lesefehler ist ein gefährlicher Zeiträuber, denn er reduziert Ihr Lesetempo auf Ihr Sprechtempo!
Tipp: Das Subvokalisieren verschwindet von selbst, wenn Sie mit einem Tempo von 500 Worten pro Minute oder mehr lesen. Je schneller Sie lesen können, desto seltener werden Sie diese „innere Stimme“ hören. Nach einiger Zeit verschwindet sie vollständig.
Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, Sie ein wenig neugierig auf Speed Reading zu machen. Es ist übrigens nicht notwendig, ein Seminar zu besuchen, um es zu erlernen. Sie können sich diese Lesetechnik, mit ein wenig Konsequenz, auch im Selbststudium aneignen. Das einzige was Sie dazu benötigen, ist ein solider Trainingsplan und täglich (für rund zwei Wochen) ein paar Minuten Zeit.
Autor/in: Dr. Marion Schultheiss