Trainingsplattform fördert Gehirntätigkeit

Trainingsplattform fördert Gehirntätigkeit

Rojahn Ahmadi und Ilya Shabanov haben gemeinsam die interaktive Plattform NeuroNation entwickelt, auf der Interessierte das Gehirn trainieren und somit ihre geistige Leistungsfähigkeit verbessern können. Im Interview erzählen sie, warum Gehirntraining funktioniert, welche Kriterien beachtet werden müssen und für wen es eigentlich geeignet ist.

Interview mit Rojahn Ahmadi und Ilya Shabanov, den Entwicklern von NeuroNation

Einen schönen guten Tag Herr Ahmadi und Herr Shabanov. Sie haben eine Trainingsplattform für Gehirntraining entwickelt. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Shabanov: Das war noch während unseres Informatikstudiums im Sommer 2008. Wir waren ohnehin auf der Suche nach einem herausfordernden und nützlichen Projekt, als wir zufällig die Sendung „Quarks & Co“ im Fernsehen sahen. In der ging es um Alzheimer im Zusammenhang mit Gehirntraining. Da das Konzept einer Gehirntraining Plattform von der Programmierung her für uns umsetzbar erschien, sind wir es angegangen.

An welchem Punkt haben Sie sich entschlossen, aus dem Projekt mehr zu machen, als nur ein Hobby?

Shabanov: Das war Anfang 2010, als wir durch einen Brief der Technischen Universität Berlin auf den „Business Plan Wettbewerb Berlin-Brandenburg“ aufmerksam wurden. Nach etwas Bedenkzeit haben wir uns schließlich entschlossen, daran teilzunehmen und haben diesen auch gewonnen.

Im Interview

Rojahn Ahmadi, Experte für Intelligenz- und Konzentrationstraining

Ahmadi: Ich würde sagen, dass das genau der Zeitpunkt war, der den Glauben an uns selbst weiter gestärkt hat. Wir entschieden uns daraufhin, aus dem Hobby einen Vollzeitberuf zu machen. Zusätzlich bekamen wir dann eine Förderung von der Gründerwerkstatt der BEUTH Hochschule für Technik. Nach einiger Entwicklungszeit entstand dann die „neue“ Internetplattform www.neuronation.de.

Was reizt Sie besonders an dem Thema Gehirntraining?

Ahmadi: In 1. Linie ist es wohl der Gedanke, dass wir ein Unternehmen aufbauen, das den Menschen das Thema der geistigen Gesundheit näher bringt. Es ist wichtig, dass wir alle ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie man seine geistige Gesundheit schützen kann. Sowie die körperliche Gesundheit in der Hand jedes Einzelnen liegt, so verhält es sich auch mit der mentalen Gesundheit. Gehirntraining ist ein Weg, diese zu erhalten.

Nun wird das Thema Gehirnjogging seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Was genau ist der Unterschied zu dem Training, das Sie anbieten?

Im Interview

Ilya Shabanov, Experte für Gehirn- und Gedächtnistraining

Shabanov: Beim Gehirnjogging handelt es sich um einen gesunden Freizeitvertreib, bei dem Sie über spezielle Übungen Ihr Gehirn beschäftigen. Der Effekt, der daraus entsteht, ist eine verbesserte Leistung in der jeweiligen Übung. Doch das allein reicht nicht aus, um auch die gesamte kognitive Leistungsfähigkeit zu steigern. In der Regel fehlt die wissenschaftliche Fundierung. Und an dieser Stelle greift der Begriff „Arbeitsgedächtnistraining“ oder „Gehirntraining“.

Ahmadi: Ebenso wie beim Gehirnjogging trainieren Sie beim Arbeitsgedächtnistraining anhand spezieller geistiger Übungen. Diese basieren allerdings auf den Erkenntnissen moderner neuropsychologischer Studien und entstehen in Zusammenarbeit mit Fachpersonal der Hirnforschung. Zudem befolgen die Übungen 6 wichtige Kriterien.

Um welche Kriterien handelt es sich dabei? Können Sie ein paar Beispiele nennen?

Ahmadi: Das Training muss personalisiert und adaptiv erfolgen. Wichtig ist, dass Sie immer an Ihrer individuellen Leistungsgrenze trainieren und sich das Training Ihrem Niveau anpasst.

Weiterhin wird es auf wissenschaftlicher Basis entwickelt. Wir arbeiten zu diesem Zweck eng mit den Neuropsychologen Prof. Niedeggen (von der Freien Universität Berlin) und Prof. Falkenstein (von der Technischen Universität Dortmund) zusammen.

Shabanov: Zudem sollte es abwechslungsreich sein, damit keine Automatismen entstehen und das Gehirn stetig dazulernen kann. Und es ist zukunftsorientiert. Über das zielgerichtete Training vereinfachen Sie sich nicht nur Ihren Alltag. Sie legen auch einen wichtigen Grundstein für das Alter und minimieren das Risiko an Alterskrankheiten wie etwa Demenzen zu erkranken.

Es handelt sich ja noch um ein relativ junges Themengebiet. Gibt es aus diesem Bereich schon wissenschaftliche Erkenntnisse, irgendwelche nennenswerten Studien?

Ahmadi: Ja die gibt es. Eventuell haben Sie sogar schon einmal etwas von der großen BBC-Studie gehört, in der angemahnt wird, dass Gehirntraining nichts bringt. Der Aufbau der Studie klingt zunächst plausibel: Die Teilnehmer trainierten 6 Wochen lang, je 3- Mal wöchentlich, für mindestens 10 Minuten. Eine Testgruppe surfte in der gleichen Zeit einfach nur im Internet. Nach der Auswertung zeigte sich kein deutlicher Unterschied der kognitiven Leistung der beiden Gruppen.

Kritischen Wissenschaftlern zufolge war die Studie 1. viel zu kurz und 2. stimmte die Intensität nicht. Zudem meldeten sich für diese Studie nur freiwillige Personen, die ohnehin schon eine Neigung zu dieser Art von Training hatten. Das verfälscht die Ergebnisse natürlich enorm. Denn Arbeitsgedächtnistraining bringt schon etwas, wenn es richtig durchgeführt wird, wie die COGITO-Studie beweist.

Shabanov: Genau, bei der computergestützten COGITO-Studie handelt es sich um eine der aussagekräftigsten und auch größten Studien im Bereich des kognitiven Trainings. Diese Studie bestand aus insgesamt 100 Sitzungen, die jeweils etwa eine Stunde dauerten. Die Versuchsteilnehmer sollten alle 2 bis 3 Tage Übungen zu ihren geistigen Fähigkeiten durchführen. 6 zur Auffassungsgabe, 3 zum Arbeitsgedächtnis und 3 zu ihrem Erinnerungsvermögen.

Bei den Teilnehmern wurde eine signifikante Verbesserung der geistigen Fähigkeiten festgestellt auch in vorher nie trainierten Übungen. Ganz besonders konnten sie die Leistung des Arbeitsgedächtnisses steigern. Die Verbesserungen waren, gegen die Erwartungen der Forscher, sowohl bei den jungen als auch bei den älteren Teilnehmern sehr hoch.

Ein Training des Arbeitsgedächtnisses ist also für Menschen jedes Alters geeignet?

Shabanov: Ganz genau. Das Training ist grundsätzlich für jeden geeignet, der Interesse daran hat, seine geistige Leistungsfähigkeit zu steigern. Dabei spielt das Alter keine Rolle. Erst kürzlich erschien eine Studie die bewies, dass Menschen auch noch mit 80 Jahren ihr Gehirn verbessern können.

Ahmadi: Generell ist das Gehirntraining also für Kinder, Schüler, Studenten, Berufstätige und Senioren geeignet.

Wofür genau ist das Arbeitsgedächtnis zuständig?

Shabanov: Es ist eine der wichtigsten geistigen Fertigkeiten des Menschen. Unser Arbeitsgedächtnis benötigen wir in jeder einzelnen Sekunde unseres Lebens. Es stellt die Basis für alle Denk-, und Wahrnehmungsprozesse dar, da es für die Aufnahme, Weiterverarbeitung und Abspeicherung aller aktuellen Informationen zuständig ist, die unser Gehirn über die Sinne erreichen. Forscher sehen diese Form des Gedächtnisses zudem als Quelle der fluiden Intelligenz an.

Haben Sie gewusst, dass die Effizienz des Arbeitsgedächtnisses eine bessere Vorhersage für den akademischen Werdegang von Kindern zulässt, als der IQ? Weil die Leistungsfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses zahlreiche andere geistige Fähigkeiten beeinflusst, wirkt es sich stark auf die gesamte mentale Fitness aus.

Welche Trainingseffekte entstehen durch das Training?

Ahmadi: Es wirkt sich nahezu auf alle kognitiven Fähigkeiten aus. Wenn Sie Ihr Gehirn zielgerichtet trainieren, dann können Sie sich in vielen Bereichen verbessern. Dazu zählen etwa die Merkfähigkeit, das logische Denken, das Sprach-, und Zahlenverständnis, das Denk-, und Lernvermögen, die Intelligenz.

Shabanov: Neben diesen Verbesserungen, die uns Beruf und Alltag vereinfachen, kann das Arbeitsgedächtnistraining als Präventivmaßnahme dienen. Aufgrund der Bevölkerungsverschiebung in Deutschland – die Menschen werden immer älter – soll sich die Zahl der Demenzerkrankten bis 2050 verdoppeln. Das Training hilft dabei, neuronalen Erkrankungen, wie eben Alzheimer oder Schlaganfällen, vorzubeugen.

Können Sie einige positive Auswirkungen im Alltag nennen?

Ahmadi: Gerne möchte ich Ihnen ein paar Beispiele aus dem Alltag geben. Es lassen sich zum Beispiel mehr Zwischenschritte im Gehirn präsent halten. Die Folge daraus ist, dass intelligentere Resultate bei der Lösung von komplexen Problemen entstehen. Das wiederum senkt die Fehlerquote bei Entscheidungen jeglicher Art. Der ein oder andere wird bestätigen können, dass eine Fehlentscheidung nicht selten einen großen Verlust bedeuten kann.

Shabanov: Sie lassen sich weniger durch störende Eindrücke ablenken. Das kann zum Beispiel ein Telefon sein, was in einem ungünstigen Zeitpunkt klingelt oder die laute Musik des Nachbarn. Das führt dazu, dass Sie relevante Aufgaben fokussierter bearbeiten können.

Ahmadi: Das Sprachverständnis verbessert sich, wie etwa das schnelle und spontane Finden von Wörtern und Formulierungen. Auch das Argumentieren fällt leichter, da Sie immer wissen, was das Gegenüber gesagt hat.

Wie lange dauert es, bis man eine Verbesserung bemerken kann?

Ahmadi: Schon 4 Wochen regelmäßiges Training reicht aus, um Ihr Gehirn wachsen zu lassen. Der MemoWork-Kurs von NeuroNation kommt zum Beispiel direkt aus einer Studie der Freien Universität Berlin, in der sich das Arbeitsgedächtnis der Teilnehmer deutlich und nachhaltig verbesserte. Der Kurs dauert insgesamt 4- beziehungsweise 8 Wochen, sollten Sie keine Zeit haben, täglich zu üben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Shabanov: Wir möchten das Thema Gehirntraining als eine neue Säule in der Bildung etablieren. Genauso wie Jack LaLanne Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Fitnessstudios eröffnete und damit ein Bewusstsein für die körperliche Fitness etablieren konnte, hoffen wir mit unseren Übungen das Thema Gehirntraining voranzubringen.

Für die Zukunft wünschen wir uns, dass mehr Menschen die langfristigen Vorteile für sich erkennen und die Wirkungen eines solchen Trainings selbst erleben können. Die Zukunft gehört denen, die lernfähig sind, die sich selbst neu erfinden können, die in einer immer schnelllebigeren Welt die wichtigen Dinge sehen können und die letztendlich bereit sind, etwas dafür zu tun. Genau für diese Leute haben wir NeuroNation geschaffen und laden alle herzlich ein zu partizipieren!

Wir bedanken uns für dieses aufschlussreiche Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Weitere Infos unter: www.neuronation.de

Autor/in: Jennifer Siebert
Veröffentlicht am 23. Mai 2013

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