Kann ich auch ohne Schulabschluss eine Ausbildung machen?

Kann ich auch ohne Schulabschluss eine Ausbildung machen?

45.000 Schülerinnen und Schüler – das ist nicht etwa die Zahl der Abiturienten, sondern die Zahl derjenigen, die die Schule in diesem Jahr voraussichtlich ohne Hauptschulabschluss verlassen werden. Doch gibt es auch Möglichkeiten, ohne Abschluss eine Ausbildung zu machen?

Ohne Abschluss kein Ausbildungsplatz – das zumindest bläuen Eltern und Lehrer jedem Schüler ein. Zwar gibt es kein Gesetz, das sagt, Voraussetzung für eine Duale Ausbildung sei ein Schulabschluss. Doch sogar mit einem Hauptschulabschluss haben viele Jugendliche Schwierigkeiten, überhaupt eine Ausbildungsstelle zu finden. Was kann man also machen, wenn man die Schule ohne Abschluss verlässt und trotzdem gerne eine Ausbildung machen möchte?

Schulabschluss nachholen im Fernstudium

Das Fernstudium bietet eine gute Möglichkeit, den Schulabschluss neben dem Beruf nachzuholen. Folgende Institute bieten Fernlehrgänge die zum gewünschten Schulabschluss führen an:

Berufsvorbereitungsjahr (BVJ)

Wer die Schule nicht mehr besucht, aber noch schulpflichtig ist, kann das Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) nutzen, um neben seinem Hauptschulabschluss auch praktische Erfahrungen zu sammeln. Angemeldet wird man über die Schule oder den Berufseinstiegsbegleiter, der Jugendliche vom Übergang von der Schule in eine Ausbildung unterstützt.
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Im BVJ besucht man ein Jahr lang die berufsbildende Schule und hat neben den Hauptfächern Mathe, Deutsch und Sozialkunde auch berufsbezogene Fächer wie Metall, Holz, Hauswirtschaft, o.ä.. Zudem absolviert man im BVJ auch ein sogenanntes Jahrespraktikum. Das bedeutet, man sucht sich einen Betrieb und geht an einem Tag in der Woche dort ins Praktikum. Damit ist das BVJ auch ideal dafür geeignet, um herauszufinden, welcher Beruf einem Spaß macht. Und: In einer Zusatzprüfung kann man außerdem den für die Ausbildungsbewerbung so wichtigen Hauptschulabschluss nachholen.

Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) – der „Bildungsbegleiter“

Die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) wird im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit, z.B. von verschiedenen Bildungsträgern ausgeführt. Wer keinen Abschluss hat, aber eine Ausbildung machen möchte, kann sich in dieser Maßnahme auf den Erwerb eines Schulabschlusses vorbereiten. Man besucht dabei entweder speziell eingerichtete Klassen an kooperierenden Berufsbildenden Schulen oder wird beim Bildungsträger selbst auf die Abschlussprüfung in den Hauptschulabschlussrelevanten Fächern vorbereitet.

Zudem werden die Teilnehmer zehn Monate lang optimal auf eine Ausbildung vorbereitet – durch Bewerbungscoaching, Stütz- und Förderunterricht sowie betriebliche Praktika. Der sogenannte Bildungsbegleiter organisiert, plant und strukturiert den Weg in die Ausbildung, während der Soziale Dienst bei Problemlagen zeitnah und kompetent Hilfe leistet.

Einstiegsqualifizierung (früher auch: Einstiegsqualifizierungsjahr)

Wer unter 25 Jahre alt ist und gerne praktische Erfahrungen sammeln möchte, kann an einer Einstiegsqualifizierung (EQ) teilnehmen. Die EQ ist ein mindestens sechs- bis maximal zwölfmonatiges Langzeitpraktikum in einem Ausbildungsberuf, in dem der Teilnehmer bestimmte Tätigkeiten des Berufs kennenlernt. Häufig besucht er zudem parallel die Berufsschule in der entsprechenden Fachklasse.

Im Rahmen der EQ orientieren sich die praktischen Tätigkeiten am sogenannten Rahmenlehrplan, d.h. der Teilnehmer führt eigentlich die gleichen Tätigkeiten aus wie ein Auszubildender im ersten Lehrjahr. Da er auch die gleiche Fachklasse besucht, ist jemand, der eine EQ macht, gut zu vergleichen mit jemandem, der im ersten Lehrjahr die Ausbilung absolviert. Wer die EQ erfolgreich beendet, kann sich die Zeit eventuell sogar auf die Ausbildungszeit anrechnen lassen und hat die Möglichkeit vom Betrieb ins zweite Lehrjahr übernommen zu werden.

Doch wo liegt der Unterschied zwischen einer EQ und einer normalen Ausbildung? In einer EQ erhält der Betrieb z.B. die Ausbildungsvergütung von der Agentur für Arbeit als Anreiz erstattet. Als Gegenleistung investiert der Arbeitgeber Zeit und Personal in die Ausbildung/EQ eines jungen Menschen, der noch keinen betrieblichen Ausbildungsplatz gefunden hat. Sowohl junge Menschen ohne Schulabschluss als auch Arbeitgeber profitieren somit von einer EQ.

Berufsgrundbildungsjahr (BGJ)

Wer nicht mehr schulpflichtig ist, aber keinen Ausbildungsplatz findet, kann ein Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) an einer berufsbildenden Schule absolvieren. Das Berufsgrundbildungsjahr kann man nur in bestimmten Berufsfeldern absolvieren, in denen man dann eine Grundbildung erhält – man sollte also ein Berufsfeld gewählt werden, für das man sich interessiert und in dem man später auch arbeiten oder eine Ausbildung machen möchte. Häufig werden sowohl soziale, kaufmännische, handwerkliche oder technische Berufsfelder als schulische Schwerpunkte angeboten. Bei erfolgreichem Besuch kann das BGJ mitunter auf eine Ausbildung angerechnet werden.

Jugendberufshilfe

Ähnlich wie der Berufseinstiegsbegleiter unterstützt auch die Jugendberufshilfe Jugendliche, die noch keinen Schulabschluss haben und auf der Suche nach einer Ausbildung ist. Dabei wird man von einer Jugendberufsberaterin regelmäßig betreut. Sie hilft einem z.B. dabei in oben genannten Berufsvorbereitenden Maßnahmen einen Platz zu ergattern, korrigiert Bewerbungen oder beantwortet Fragen rund um das Thema Ausbildung/Arbeit.

Schulabschluss mit Ausbildung erwerben

Übrigens: Schulabgänger, die einen Ausbildungsplatz finden, obwohl sie keinen Schulabschluss haben, erwerben automatisch den Hauptschulabschluss, wenn sie die Berufsschule erfolgreich beendet haben.

Berufe, die auch ohne Ausbildung möglich sind:

Natürlich kann, wer seine Schulpflicht erfüllt hat oder mind. 18 Jahre alt ist, auch ohne Ausbildung oder Schulabschluss arbeiten. Dann kann man jedoch nur Hilfstätigkeiten erledigen.

Dabei gilt: Egal welche Arbeiten man verrichtet, der Hilfsarbeiter bekommt für die gleiche Arbeit immer weniger Lohn als ein ausgebildeter Arbeiter. Regale auffüllen im Supermarkt, Montagearbeiten erledigen, als Reinigungskraft oder Küchenhilfe arbeiten – das sind die Perspektiven, die sich Schulabgängern ohne Abschluss bieten. Auch das Risiko, in die Arbeitslosigkeit entlassen zu werden, ist ohne Ausbildung weitaus größer als mit Ausbildung. Für Menschen ohne Schulabschluss oder Ausbildung bilden häufig Zeitarbeitsfirmen die letzte Anlaufstelle vor der Arbeitslosigkeit. Hier müssen sie versuchen über Zeitverträge und motivierte Mitarbeit im Betrieb „kleben“ zu bleiben. Eine betriebliche Übernahme ist jedoch in den meisten Fällen- wenn überhaupt- befristet.

Noch ein Tipp: Wer sieben Jahre lang in einem Beruf arbeitet, ohne vorher eine Ausbildung absolviert zu haben, kann durch ein spezielles Förderprogramm der Agentur für Arbeit einen vereinfachten Ausbildungsabschluss erwerben. Nötig dafür ist eine schriftliche Prüfung in einem halbjährig angelegten Intensivkurs. Zwar ist der Abschluss nicht ganz mit einem normalen Ausbildungsabschluss zu vergleichen, wird jedoch genauso wie bei einer betrieblichen Ausbildung von den Kammern geprüft und bei bestandener Prüfung vergeben. In solchen Fällen sollte man sich an einen Berufsberater der Agentur für Arbeit wenden.

Noch ein Tipp: Arbeitet man sieben Jahre lang in einem Beruf ohne vorher eine Ausbildung absolviert zu haben, kann man durch ein spezielles Förderprogramm der Agentur für Arbeit mit einer schriftlichen Prüfung in einem halbjährig angelegten Intensivkurs einen vereinfachten Ausbildungsabschluss erwerben. Er ist zwar nicht ganz mit einem normalen Ausbildungsabschluss zu vergleichen, wird jedoch genauso wie bei einer betrieblichen Ausbildung von den Kammern geprüft und bei bestandener Prüfung vergeben. In solchen Fällen sollte man sich an einen Berufsberater der Agentur für Arbeit wenden.

Autor/in: Sarah Dreyer
Veröffentlicht am 26. April 2011

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