Das Schulsystem in Deutschland – Funktionen und Aufgaben

Das Schulsystem in Deutschland – Funktionen und Aufgaben

Im Kontext von Pisa & Co. rückt das deutsche Schulsystem immer mehr in die öffentliche Kritik. Vor allem die frühe Selektion der Schüler wird immer wieder kritisiert. Doch wie ist das Schulsystem in Deutschland eigentlich aufgebaut?

Wer ist eigentlich für die Schulen in Deutschland verantwortlich? Schule ist Ländersache – daher ist das Schulsystem nicht etwa durch das Grundgesetz geregelt, sondern durch die Kultusministerien der Bundesländer. Diese sind nicht nur für das (Lehr-) Personal, sondern auch für die Lehrpläne zuständig. Das heißt, sie legen zusammen mit der Schulverwaltung die Unterrichtsziele und die Inhalte des Unterrichts fest. Die Länder tragen ebenso die Kosten für das Schulpersonal.

Für alle weiteren (Sach-) Kosten sind dagegen die Kommunen verantwortlich. Sie übernehmen bauliche Gestaltungen, die Unterhaltung und die Verwaltung der Schulen. Dazu gehört z.B. die Organisation des Reinigungspersonals oder der Kantine. Auch die Anschaffung der Lehrmittel und die Ausstattung der Schulen (wie z.B. Tafeln, Schulbücher, Lexika, Fernsehgeräte, Overheadprojektoren, Instrumente usw.) wird von den Kommunen übernommen.

Aufbau des deutschen Schulsystems

Das deutsche Schulsystem gliedert sich in folgende Bereiche:

  • Primarstufe: Mit Beginn der Schulpflicht besuchen die Schüler Grundschule, die in der Regel an den Vormittagen besucht wird. In den meisten Bundesländern werden bereits hier Noten vergeben, teilweise erhalten die Schüler aber zunächst nur Beurteilungszeugnisse und erst in der 4. Klasse die ersten richtigen Noten.
  • Sekundarstufe I: In diesen Bereich fallen alle Schulformen ab der Klasse 5 bis hin zur Klasse 10. Hierunter fallen Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien oder auch Gesamtschulen. Je nach Schulform können die Schüler die Sek. I nach der 9. oder auch nach der 10. Klasse verlassen.
  • Sekundarstufe II: Hierunter fällt der Besuch der gymnasialen Oberstufe, der mit dem Abitur abschließt. Bislang dauerte dies von Klasse 11 bis Klasse 13. In vielen Bundesländern wurde jedoch bereits die Umstellung auf das Abitur nach Klasse 12 durchgeführt. Bis zum Jahr 2016 sollen bundesweit alle gymnasialen Oberstufen umgestellt werden. Die Sek. II kann ebenfalls mit der Fachhochschulreife (nach Klasse 12 bzw. Klasse 11) abgeschlossen werden.
    Auch der berufsbildende Bereich zählt zur Sek. II. Hierunter fallen alle beruflichen Schulformen, Berufskollegs, Fachoberschulen oder Berufsoberschulen.
  • Zweiter Bildungsweg: In diesen Bereich fallen Abendschulen und Kollegs, an denen Schulabschlüsse wie der Hauptschulabschluss, aber auch das Abitur nachgeholt werden können.

Schulpflicht – Wer muss wie lang die Schulbank drücken?

Welcher Schüler wie lang zur Schule gehen muss, wird ebenfalls in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt. Die Vollzeitschulpflicht dauert in der Regel 9 oder 10 Jahre. Wichtig: Bleibt ein Schüler also z.B. zweimal sitzen, endet dessen Schulpflicht also auch am Ende der 7. bzw. 8. Klasse.

An die Vollzeitschulpflicht schließt sich die Berufsschulpflicht an. Diese wird jedoch nicht nur durch den Besuch der Berufsschule erfüllt, sondern auch durch die Teilname an Bildungsgängen berufsbildender Schulen, dem Besuch der Sekundarstufe I oder II. In der Regel endet die Berufsschulpflicht mit Ende der Klasse 12.

Welche Regelungen zur Schulpflicht in den Bundesländern herrschen, verdeutlicht folgende Tabelle (detaillierte Informationen liefern die jeweiligen Schulgesetze der Bundesländer):

Schulpflicht in Deutschland
Bundesland Schulpflicht (Beginnn und Dauer)
Baden-Württemberg
  • Beginn der Schulpflicht: 5 – 7 Jahre
  • 9 Jahre und bis zum 18. Lebensjahr Berufsschulpflicht (§73-76 SchG)
Bayern
  • Beginn der Schulpflicht: 5 – 7 Jahre
  • 12 Jahre: 9 Jahre Vollzeitschulpflicht und 3 Jahre Berufsschulpflicht (Artikel 35 BAYEUG)
Berlin
  • Beginn der Schulpflicht: 5 – 6 Jahre
  • 10 Jahre( § 42 Berliner SchG)
Brandenburg
  • Beginn der Schulpflicht: 5 – 7 Jahre
  • 10 Jahre, bis 18. Lebensjahr Berufsschulpflicht( § 39 BbgSchG)
Bremen
  • Beginn der Schulpflicht: 6 Jahre
  • 12 Jahre (§ 54 BremerSchG)
Hamburg
  • Beginn der Schulpflicht: 5 – 6 Jahre
  • 9 Vollzeitschule Jahre sowie 2 Jahre Berufsschule bis mindestens zum 18. Lebensjahr (Hamburgisches Schulgesetz §37-41a)
Hessen
  • Beginn der Schulpflicht: 5 – 7 Jahre
  • 9 Jahre (§ 59 Hess. SchG)
Mecklenburg-Vorpommern
  • Beginn der Schulpflicht: 6 Jahre
  • bis zum 18. Lebensjahr
    (§42 SchGM-V)
Niedersachsen
  • Beginn der Schulpflicht: 6 – 7 Jahre
  • 12 Jahre( § 65(2) NSchG)
    Nordrhein-Westfalen
Nordrhein-Westfalen
  • Beginn der Schulpflicht: 6 Jahre
  • 10 Jahre und Berufsschulpflicht bis 18. Lebensjahr bei dualer Ausbildung bis zum 21. Lebensjahr (§ 37,38 SchG NRW)
Rheinland-Pfalz
  • Beginn der Schulpflicht: 6 Jahre
  • 12 Jahre oder weniger (§§ 7, 60 (2) SchG Rheinland-Pfalz)
Saarland
  • Beginn der Schulpflicht: 5 – 8 Jahre
  • 9 Jahre Vollzeitschulpflicht, 3 Jahre Berufsschulpflicht bis max. 21.Lebensjahr (§1-§11 SchpfG Saarland)
Sachsen
  • Beginn der Schulpflicht: 6 – 7 Jahre
  • 9 Jahre Volllzeitschulpflicht, Berufsschulpflicht bis mind. 18. Lebensjahr (§ 28 SchG Sachsen)
Sachsen-Anhalt
  • Beginn der Schulpflicht: 6 Jahre
  • 12 Jahre: 9 Jahre Vollzeitschulpflicht, mind. 1 Jahr berufsbildende Schule (SchulG LSA § 40)
Schleswig-Holstein
  • Beginn der Schulpflicht: 6 – 7 Jahre
  • 9 Jahre Vollzeitschulpflicht sowie  Berufsschulpflicht bis 18. Lebensjahr (Schleswig-HolsteinerSchG § 20)
Thüringen
  • Beginn der Schulpflicht: 6 – 7 Jahre
  • 9 Jahre Vollzeitschulpflicht sowie Berufsschulpflicht bis max. 21. Lebensjahr (ThürSchulG § 17-24)

Die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten der Kinder haben dafür Sorge zu tragen, dass ihre Kinder der Schulpflicht nachkommen – sie müssen also auch dafür sorgen, dass die Kinder in einer entsprechenden Schule angemeldet werden und diese regelmäßig besuchen. Auch die regelmäßige Teilnahme am Unterricht und verpflichtenden Veranstaltung muss gewährleistet sein. Ist ein Schüler jedoch volljährig, ist dieser selbst für die Anmeldung an einer Schule verantwortlich.
Übrigens: Die Schulpflicht gilt nicht nur für Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit. Auch für ausländische Kinder gilt die allgemeine Verpflichtung, eine Schule zu besuchen.

Was passiert, wenn man der Schulpflicht nicht nachkommt?

In erster Linie werden die Eltern zur Verantwortung gezogen. Liegt eine Missachtung der Schulpflicht vor, kann ein Bußgeld drohen, da eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Ein Bußgeldverfahren gegen Schüler selbst kann erst dann durchgeführt werden, wenn der Schüler strafmündig ist.

Bei dem ganzen Verfahren geht es jedoch weniger um Geldstrafen als darum, den Ursachen des Schuleschwänzens auf den Grund zu gehen und den Schüler wieder dazu zu bewegen, wieder regelmäßig am Unterricht teilzunehmen. Dazu gehört auch die intensive Mitarbeit der Lehrer und der Eltern.

Wie viele Schulen gibt es eigentlich?

Neben rund 37.000 öffentlichen Schulen existierten im Jahr 2006 bereits ca. 2.700 private Schulen – Tendenz steigend, denn die privaten Schulen erleben einen stetigen Zuwachs an Schülern. Im gleichen Jahr gingen rund 6 Prozent der deutschen Schüler an eine Privatschule. Verglichen mit dem OECD-Durchschnitt (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ist dies jedoch noch wenig. Hier liegt der Anteil der Schüler, die eine Privatschule besucht, bei ganzen 14 Prozent.

Selektion der Schüler – ja oder nein?

Das besondere des deutschen Schulsystems ist zugleich der größte Kritikpunkt. Schon nach der Grundschule werden die Schüler selektiert in die verschiedenen Schulformen der Sekundarstufe I. Die Aufteilung der Schüler könne soziale Ungleichheiten zusätzlich betonen und sich besonders für sozial benachteiligte Schüler, Migrantenkinder und Kinder mit Behinderungen negativ auswirken, so UN-Sonderberichterstatter Vernor Munoz. Die aktuellen Pisa-Studien, in denen gerade die Länder mit Gesamt- bzw. Gemeinschaftsschulen regelmäßig die vorderen Plätze belegen, bestätigen die These Munoz‘.

Autor/in: Miriam Bax
Veröffentlicht am 11. Mai 2011

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