Interview: Freiwilligenarbeit im Ausland

Interview: Freiwilligenarbeit im Ausland

BildungsXperten: Wie bereite ich mich auf meinen Aufenthalt als Volunteer vor? Wo kann ich mich informieren? Gibt es Organisationen, die mir bei der Vorbereitung helfen? Wie viel Vorlaufzeit muss ich für die Vorbereitung einplanen?

Die Vorbereitung auf so einen langen Auslandsaufenthalt, wie es Freiwilligenarbeit darstellt, sollte schon viele Monate vorher beginnen. Nur so kann sichergestellt werden, dass genügend Zeit für die Projektauswahl und anschließende Beschäftigung mit dem Zielland sowie die auf den Volunteer zukommenden Tätigkeiten und Herausforderungen bleibt. In dieser Phase sind Spezialveranstalter sehr hilfreich, die derartige Freiwilligenprojekte anbieten und gerade in der Vorbereitung mit Rat, Tat und eben auch Kontakten zu anderen Volunteers zur Seite stehen. Aufklärung zur aktuellen politischen Lage im Zielland, zur gesundheitlichen Versorgung, notwendigen Impfungen oder die notwendige Sensibilisierung für den zukünftigen Umgang mit einer ganz anderen Kultur leisten Agenturen wie beispielsweise PraktikaWelten, Stepin, AIFS, Auszeit-Weltweit oder Travelworks, aber auch die Projekte vor Ort, in denen man tätig wird.

BildungsXperten: Wie sieht die Finanzierung aus? Welche Möglichkeiten habe ich, insbesondere längere Aufenthalte als Volunteer zu finanzieren?

Hier müssen wir zwischen den beiden Begriffen Freiwilligendienst und Freiwilligenarbeit unterscheiden! Internationale Freiwilligendienste ermöglichen es Freiwilligen häufig, mittels Teilstipendien beziehungsweise privater Zuschüsse im Ausland im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit tätig zu werden. So hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit weltwärts einen mit Steuergeldern geförderten Freiwilligendienst im Ausland ins Leben gerufen. Dieser schickt jedes Jahr um die 5.000 Volunteers mit Teilstipendien ins Ausland. Im Gegensatz dazu sind die Angebote im Bereich Freiwilligenarbeit, in aller Regel zu 100 % privat zu finanzieren, da deren anbietende Organisationen privatwirtschaftlich agierende Unternehmen sind.

Aber auch bei den staatlichen, karitativen oder kirchlich geförderten Projekten fallen häufig Kosten an, die das Stipendium nicht deckt. Hier ist Kreativität bei der Finanzierung erforderlich. Ein immer beliebteres Instrument ist derzeit das private Fundraising im Sinne eines Förderkreises, den sich Volunteers privat aufbauen. Die Volunteers werben dabei im eigenen Umfeld um wohlgesonnene Gönner für ihr Projekt und ihr Reisebudget.

BildungsXperten: Volunteers sind häufig in Schwellen- und Entwicklungsländern tätig. Wie hoch ist Ihrer Einschätzung nach die Gefahr, in die ich mich als Freiwilliger begebe? Muss oder kann ich selbst Sicherheitsmaßnahmen ergreifen?

Dies ist natürlich pauschal nicht zu beantworten, sondern hängt ganz entschieden vom jeweiligen Zielland und der aktuellen politischen Lage ab. An dieser Stelle sind sicherlich die veranstaltenden Anbieter beziehungsweise Entsendeorganisationen richtige und wichtige Anlaufstellen, genauso wie die jeweiligen Botschaften und Konsulate des Ziellandes. Auch die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes weisen auf Gefahren hin. An erster Stelle ist aber auch der Volunteer gefragt, Informationen einzuholen und so eine ganz private Risikoabwägung vorzunehmen. In der Regel kann man aber davon ausgehen, dass die angebotenen Projekte den Volunteer keinen besonderen Risiken aussetzen, da sowohl die Mitarbeiter der Projekte als auch der Veranstalter die Sicherheit in den von ihnen angebotenen Zielländern sehr genau verfolgen und auf mögliche Risiken zeitnah mit einem Aussetzen des Projekts oder gar einem Projektstopp reagieren. Sollte sich jedoch die Sicherheit vor Ort verschlechtern, wenn man bereits als Volunteer im Zielland ist, so leisten auch an dieser Stelle die Veranstalter beziehungsweise deren Partnerorganisationen vor Ort Hilfe. Dies kann von einem Projekttausch bis in seltenen Fällen zu einer frühzeitigen Ausreise des Volunteers reichen.

BildungsXperten: Die meisten Volunteers wollen in erster Linie Anderen helfen. Profitieren sie aber auch selbst von der Freiwilligenarbeit?

Ein längerer Auslandsaufenthalt, und dies ist ganz unabhängig von Freiwilligenarbeit oder der Teilnahme an einem Freiwilligendienst im Ausland, bringt einem immer Vorteile und großen Zugewinn bei den so viel zitieren Soft Skills. Dazu zählt unter anderem Flexibilität, interkultureller Austausch, Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen sowie Selbstständigkeit. Der große Vorteil von Freiwilligenarbeit ist zudem, dass man ganz besonders tief in die Kultur und das Leben eines anderen Landes eintaucht – und dabei auch auf viel Liebgewonnenes zu verzichten lernt! Auch der Nachweis von Teamfähigkeit ist für Volunteers, die sich im Ausland für andere engagiert haben, nicht schwer zu erbringen. All diese Skills sind heutzutage vor allem im beruflichen Kontext sehr hilfreich. Ganz abgesehen davon bringt Freiwilligenarbeit dem Volunteer aber vor allem eines: die Weiterentwicklung seiner Persönlichkeit und der eigenen Reife. Dies haben wir bei vielen Volunteers deutlich feststellen können!

BildungsXperten: Sie haben selbst bereits an freiwilligen Projekten im Ausland mitgewirkt. Welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht?

Ja genau, ich hatte letztes Jahr die großartige Gelegenheit, in Südafrika diverse Projekte zu begleiten beziehungsweise kennenzulernen. So konnte ich beispielsweise an einem Tierauffang-Projekt mitarbeiten – eine wirklich einmalige Erfahrung für mich! Dort habe ich mit über 20 Volunteers zusammengearbeitet und mich um das Wohl der verwaisten beziehungsweise verletzten Tiere gekümmert. Gerade diese sehr enge, sehr persönliche und intensive Zusammenarbeit, teils auf engstem Raum (vor allem was das Wohnen betraf), war für mich eine komplett neue Erfahrung, die ich aber mit den meisten der Volunteers gerne geteilt habe.

Ich habe sehr viel über mich selbst erfahren beziehungsweise gelernt, nicht nur im Umgang mit anderen Menschen, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass es eben kein(!) Urlaub im klassischen Sinn ist und man teils erhebliche Abstriche in Bezug auf Unterkunft, Essen, Nightlife oder andere „Annehmlichkeiten“ machen muss. Dies ist zum einen natürlich eine absolut neue Erfahrung für einen, zum anderen aber auch ein einmaliges Erlebnis, welches man nicht missen möchte.
Ähnlich ging es mir, als ich mir in der Nähe von Kapstadt ein Projekt für aidskranke Kinder in einem Krankenhaus sowie ein Township-Projekt angeschaut habe: Wie aufopfernd sich hier sowohl Festangestellte als auch Volunteers aus aller Herren Länder dafür einsetzten, dass es anderen ein Stück besser geht, das war wirklich sehr berührend.

Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Autor/in: Frank Möller
Veröffentlicht am 9. September 2013

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