Wie gut passe ich eigentlich in mein Wunsch-Unternehmen? Gast-Autor Joachim Diercks, Geschäftsführer der Cyquest GmbH und Betreiber des Recrutainment Blogs erläutert die aktuellen Entwicklungen des SelfAssessments am Beispiel der brandneuen Facebook-App von Unilever, die einen spielerischen Selbsttest möglich macht.
Die demographische Entwicklung wird vor allem zu einem führen: Rekrutierung wird teurer. Das bedeutet nicht zwingend nur steigende Einkommen, das bedeutet auch steigende Suchkosten durch längere Besetzungszeiträume und es bedeutet, dass die Unternehmen ihren Wunschkandidaten mehr Wünsche erfüllen werden müssen. Der Markt dreht von einem Angebots- zu einem Nachfragemarkt oder in anderen Worten: Es werden die Unternehmen sein, die sich zunehmend in der Rolle des „Bewerbers“ wiederfinden.
Diese Entwicklung trifft heute auf eine Situation, in der sich durch den Siegeszug der sozialen Medien völlig neue Realitäten hinsichtlich Informationsverbreitung, Transparenz und vor allem „Deutungshoheit“ zeigen.
Lag früher die „Unternehmenswahrheit“ einzig in den Händen des Unternehmens, führen heute Facebook, Twitter und Co. dazu, dass nicht nur jeder seine Meinung zum Unternehmen kundtun kann, sondern diese Meinung auch noch ständig von einer viel größeren Zahl von Menschen vernommen werden kann, theoretisch unendlich lange verfügbar bleibt – also auch zeitversetzt wirken kann – und vor allem suchmaschinenrelevant wird. Die Deutungshoheit hat sich stark demokratisiert.
1.) Stil, Art und Weise der Kommunikation verändern sich:
2.) Inhalte der Arbeitgeberkommunikation verändern sich:
3.) Instrumente des Employer Branding verändern sich:
Ein sehr wertvolles Instrument zur Erhöhung der Passung von Kandidat und Unternehmen können Realistic Job Previews Techniken und sogenannte SelfAssessment Verfahren sein. Unter SelfAssessments werden Übungen verstanden, bei denen die Qualität des Bearbeitungsergebnisses NUR dem Kandidaten rückgemeldet wird. Auf unterhaltsame Weise kann einem Interessenten so ein Einblick in typische Arbeitsfelder und Berufsbilder beim Unternehmen gegeben werden und er kann seine Befähigung und Neigung mit den vom Unternehmen gestellten Anforderungen vergleichen – VOR einer möglicherweise erfolgenden Bewerbung.
Bei diesen Ansätzen steht die möglichst realitätsnahe und erlebnisorientierte Kommunikation von wichtigen Arbeitgebermerkmalen im Vordergrund. Der oftmals spielerische Ansatz („Gamification“) und der rückmeldende Charakter der Übungen sorgen für ein hohes Involvement bei der Nutzung und eine starke Orientierungswirkung.
Es lag sehr nahe, dass über kurz oder lang auch SelfAssessment Verfahren innerhalb der Sozialen Netzwerke zum Einsatz kommen, schließlich ist „spielen“ ein wesentlicher Bestandteil von deren Nutzung. Warum dann also nicht auch „spielen mit Sinn und Verstand“, also „Serious Gaming“?
Die Facebook App „Could it be U“, die Unilever seit ein paar Tagen als Bestandteil der Karrierekommunikation bei Facebook einsetzt, ist so ein Beispiel:
„Could it be U?“ richtet sich in erster Linie an Führungsnachwuchs, wenngleich die Teilnahme auch anderen Interessenten durchaus helfen kann, Unilever als Arbeitgeber besser kennen zu lernen.
“Could it be U?” ist eine echte Facebook Applikation, d.h. sie ist aufrufbar über http://apps.facebook.com/could-it-be-U/ und läuft mit einer Darstellbreite von 740 Pixel über die komplette Canvas-Seite bei Facebook, nicht nur im Contentbereich der Unilever-Facebook-Seite.
Die Applikation ist für sich selber lebensfähig und kann auch genutzt werden, ohne bei Facebook eingeloggt zu sein. Eine wichtige Anforderung an die Programmierung war, dass die App explizit keine Informationen aus dem Facebook Profil des Nutzers ausliest.
Zwischen den Aufgaben erscheinen immer wieder dazu passende Infoboxen, die wichtige Personalmarketingbotschaften des Unternehmens beinhalten und den Inhalt der Aufgaben gezielt ergänzen.
Am Ende jedes Abschnitts kann man sein Ergebnis dann über den Facebook Connect teilen und somit im Freundeskreis verbreiten.
“Could it be U? – Das Das Unilever SelfAssessment bei Facebook” kombiniert SelfAssessment und Serious Gaming auf der einen Seite mit Social Media auf der anderen Seite. Die App ist hinreichend unterhaltsam, um in Social Media funktionieren zu können, aber auch fundiert genug, um einen wirklichen Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Passung zwischen Unternehmen und Kandidat (Person-Organization-Fit) zu erreichen.
Fazit: Die „Machtverschiebung“ vom Unternehmen zum Kandidaten durch die demografische Entwicklung und die deutliche Erhöhung der Transparenz durch Social Media wird die Bedeutung der Selbstselektion in der Personalauswahl deutlich erhöhen.
Doch das bedeutet keineswegs, dass sich Unternehmen zurücklehnen können nach dem Motto: „Dann können wir ja eh nichts machen…“. Im Gegenteil: SelfAssessment Verfahren geben potentiellen Kandidaten auf unterhaltsame Art und Weise die nötigen Informationen, um erheblich besser entscheiden zu können, ob sie zum Unternehmen passen (oder das Unternehmen zu ihnen…) oder nicht.
Tags: Berufswahl, Employer Branding, Facebook, Jobsuche, SelfAssessment