Bewerbungs-No-Gos als Erfolgsgarant nutzen

Bewerbungs-No-Gos als Erfolgsgarant nutzen

Es mag auf Außenstehende nicht so wirken, aber der gesamte Bewerbungsprozess unterliegt einem ständigen Wandel, hat seine Trends und wechselnden ungeschriebenen Konventionen. Wer die aktuell gültigen Werte verletzt, hat keine guten Karten – glauben zumindest viele. In Wahrheit kann es sich oftmals lohnen, Grenzen zu überschreiten.

Warum die Verwendung von No-Gos helfen kann

Dazu muss man zunächst eine simple Tatsache verstehen: Jeder Bewerbungsprozess ist immer der Versuch von vielen, je nach Jobangebot hunderten oder tausenden Bewerbern, herauszustechen, sich von seinen Mitbewerbern zu unterscheiden. Allerdings stehen dahinter immer Menschen. Und selbst wenn es sich dabei um routinierte Profi-Personaler handelt, so sind diese doch immer ein wenig subjektiv veranlagt.

Der Prozess zur Findung neuer Mitarbeiter legt seinen Schwerpunkt darauf, die für diese Position und dieses Unternehmen bestmöglichen Bewerber herauszufiltern. Bloß: Die dafür benötigten Faktoren lassen sich eben längst nicht immer durch ein schönes Anschreiben, eine möglichst aussagekräftige Liste von bisherigen Beschäftigungen und guten Noten zusammenfassen. Derjenige, der wirklich auf diesen Job passt, fällt vielleicht aus diesem oder jenem Grund durch das Raster. Mit ein Grund dafür, warum anonyme Bewerbungen immer beliebter werden – sie ziehen einige höchst subjektive Faktoren aus dem Kreislauf.

Und genau hier setzen die eigentlichen No-Gos an. Sie ermöglichen es einem Bewerber, allein schon durch die Verwendung eines kalkulierten, kreativen Stilbruchs auffällig zu sein. Dabei liegt die Betonung allerdings auf „kalkuliert“ und „kreativ“, denn es muss klar sein, dass hier sehr vorsichtig agiert werden muss. Wer einfach eine schriftliche Bewerbung dorthin schickt, wo explizit nur elektronische Bewerbungen gewünscht sind, wird schlicht und ergreifend aussortiert, ohne dass Personaler auch nur einen Blick in seine Mappe werfen – denn er hat die Vorgaben grob verletzt. Ein durchdachter Stilbruch hingegen verletzt nicht, sondern wandelt eher das, was als eingebürgert gilt, ab.

Zeit und Ort müssen stimmen

Um das für die eigene Bewerbung passende No-Go zu finden, ist es allerdings auch notwendig, das Gesamtbild zu betrachten. Jede Branche, jedes Unternehmen hat nicht nur seine eigenen Bewerbungstrends und -schwerpunkte, sondern eben auch eine eigene Toleranz gegenüber Abweichungen. Wer sich in der Tech-Branche in einem Startup als IT-Spezialist bewerben will, kann viel eher darauf hoffen, mit seinen Stilbrüchen zum Erfolg zu kommen, als würde er sich beispielsweise in der Steuerberaterbranche bewerben – wo es ungleich konservativer zugeht. Wir halten also fest, damit das No-Go funktioniert, muss es:

  • Kalkuliert sein. Es muss also sauber geplant/abgewägt werden.
  • Kreativ sein. Kreativität zeigt, dass man nicht einfach nur einen Stilbruch begeht, sondern sich aktiv Gedanken machte. Das beweist wiederum, dass man unkonventionellen Herangehensweisen gegenüber aufgeschlossen ist.
  • Zu Job und Unternehmensbranche passen, weil Abweichungen nicht überall gleichermaßen geschätzt werden.

Um diese Punkte zu verdeutlichen zeigen wir nun einige No-Gos, die diese Credos perfekt umsetzen.

1. Optischer Stilbruch

Ein farbiger Zeitstrahl statt der altbekannten, senkrechten Auflistung des Lebenswegs. Ein Lebenslauf, der wie eine aufklappbare Speisekarte gestaltet ist. Eine ganze Bewerbung, die wie eine Tageszeitung aufgemacht ist. Oder vielleicht auch einfach nur eine Bewerbungsmappe, die nicht hochkant, sondern im Querformat gelesen werden muss.

Es ist heute, nicht zuletzt dank der zahlreichen Infografik-Tools im Internet möglich, eine grafisch unglaublich aufwendige und hervorstechende Bewerbung zu erstellen. Selbst wenn man keinerlei tiefergehende Erfahrung mit Grafikgestaltung hat. Tatsächlich handelt es sich hierbei um einen enorm breit einsetzbaren Stilbruch. Denn es werden eigentlich nicht wirklich Konventionen dabei verletzt, sondern nur völlig außerhalb des gewohnten Rahmens das geliefert, was der Personaler an Daten braucht. Natürlich muss man diesen Stilbruch auf die Bewerbungsform abstimmen – eine gedruckte Werbung bietet da mehr Freiheiten als ein PDF. Dann aber kann man sehr gut punkten.

2. Easter Eggs

Easter Eggs sind im Videospieljargon kleine Dinge, die der Spieler in der virtuellen Welt abseits des eigentlichen Spielverlaufs genießen kann. Nicht wichtig für das Erreichen des Ziels, aber eine zumindest angenehme Ablenkung. Genau das bietet sich auch in der Bewerbung an. So wäre es etwa möglich, einen QR-Code zu integrieren. Wenn der zu einer Fülle an zusätzlichen Infos (etwa den gesammelten Social-Accounts des Bewerbers, damit der Personaler nicht lange suchen muss) führt, oder man es sogar schafft, das dazu verwendete Smartphone kreativ zu integrieren, dann erschafft man nicht nur Aufmerksamkeit, sondern echte Begeisterung. Und so subjektiv die auch sein mag, sie ist wichtiger als gute Noten.

3. Arbeitsprobe

Vor einigen Jahren machte ein Bild im Netz die Runde. Ein Schreiner hatte seine Bewerbung nicht etwa auf Papier ausgedruckt. Vielmehr hatte er seine Daten samt Anschreiben in millimeterdünne Baumscheiben liebevoll hineingraviert. Das alles steckte in einer ebenso handgemachten, mit zahlreichen gefrästen Mustern verzierten Kiste. Bei anderer Gelegenheit nutzte ein Grafikdesigner sein Hobby, Bierbrauen, um seine Bewerbung gleich in flüssiger Form zu versenden. Auch er begeisterte nicht nur, sondern bekam den Job. Und von dem Programmierer, der seinen Lebenslauf im Stil der „Zelda“-Adventure-Games buchstäblich spielbar machte, indem man eine kleine Pixel-Figur durch eine virtuelle Welt bugsieren musste, haben auch schon viele gehört.

Die Bewerbung als Arbeitsprobe zu gestalten, ist der vielleicht schwierigste Prozess. Aber gerade, wenn man sich auf einen „den oder keinen“-Job bewirbt, kann es die damit verbundenen Mühen absolut wert sein. Neue Arten, in einem Bewerbungsgespräch zu punkten, sollte man in jedem Fall ausprobieren.

4. Geschichte erzählen

Es gehört zu jedem Bewerbungs-Ratgeber, dass man es tunlichst vermeiden sollte, im Anschreiben wahre Romane zu verfassen. Allerdings ist dieser Begriff immer nur sinnbildlich zu verstehen. Gemeint ist, dass man wenige Informationen nicht zu einem wortgewaltigen Teig ausrollen, sondern sich aufs Wesentliche fokussieren sollte. Was jedoch, wenn man das mit dem Roman mal wörtlich nimmt?

„Er hatte gerade eine weitere Bewerbung geöffnet. Schon viele Mappen waren an diesem Tag durch seine Hände gewandert. Doch mit dieser war irgendetwas anders. Grafisch unterschied sie sich nicht von dem Berg an wortreichen Seiten, den er bisher gesehen hatte. Auch das Gesicht auf dem Bewerbungsfoto war das einer ganz normalen Allerweltsperson. Er konnte seinen Finger nicht genau darauflegen, was es war. Aber eines wusste er: Ein angenehmes Spannungsgefühl machte sich in seinem Bauch breit. Das, was er sonst immer fühlte, wenn er einen richtig guten Film sah.

Ein Mann, der für diesen Job in diesem Unternehmen richtig brennen würde, las er da. Eine Person, die niemals auf ausgetretenen Pfaden wandeln würde. Das las sich sehr gut und der Personaler beschloss, sich mit den auf der nächsten Seite folgenden Lebenslaufdaten viel intensiver zu beschäftigen, als er es bei den anderen Bewerbern getan hatte.“

Ein solcher buchstäblicher Roman bricht natürlich sämtliche Konventionen des Anschreibens. Dafür jedoch macht er etwas anderes: Es erzeugt ein Interesse, das weit über das feinst ausformulierte normale Anschreiben hinausgeht. Zugegeben, man muss lernen, spannend zu schreiben. Aber dann kann man eine Bewerbung buchstäblich „rocken“.

Autor/in: Benjamin Fink
Veröffentlicht am 4. Februar 2019

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