Weniger Gehalt bei gleicher Qualifikation und Berufserfahrung – auch im 21. Jahrhundert verdienen Frauen noch weniger als ihre männlichen Kollegen. Und auch bei der Finanzierung von Weiterbildungen ziehen Frauen oft den Kürzeren.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) befragte 10.000 Haushalte in Deutschland. Das Ergebnis: Frauen sind generell mit weniger Gehalt zufrieden als Männer. Auf einen gerechten Lohn angesprochen, forderten die Frauen durchschnittlich rund 25 Prozent weniger als die Männer.
Bescheidenheit scheint eine weibliche Tugend zu sein. Während Männer in Gehaltsverhandlungen mit konkreten Vorstellungen herausplatzen und diese meist auch bekommen, fragen Frauen zunächst, was man ihnen anbieten könne. Den Wert ihrer eigenen Arbeit schätzen sie ganz anders ein als ihre männlichen Kollegen – egal ob Berufseinsteigerinnen oder Erwerbstätige.
Doch sind Frauen tatsächlich trotz des geringeren Gehalts zufriedener im Job, oder haben sie sich lediglich mit den schlechteren Aufstiegsmöglichkeiten abgefunden? Dieser Frage ging der Dienstleister Accenture anlässlich des 100. Weltfrauentages nach. Befragt wurden 3.400 Berufstätige in 29 Ländern, davon 100 in Deutschland.
Laut der Befragung fühlen sich 70 Prozent der Arbeitnehmerinnen wohl mit ihrem Arbeitsplatz. Den Weg an die Spitze streben weitaus weniger Frauen als Männer an – gerade einmal jede vierte Frau will ihre Karriere vorantreiben, im Vergleich zu jedem zweiten Mann. Offensichtlich haben sich viele Frauen damit abgefunden, beruflich auf der Stelle zu treten. Das Fatale: Die „Schuld“ für ein Nicht-Weiterkommen suchen die Frauen bei sich und mangelnder Fertigkeit und Wissen.
Bis zu 23 Prozent beträgt der Gender Pay Gap, mit dem der Unterschied der Stundenlöhne zwischen Frauen und Männern beschrieben wird. Ein weiterer Grund für die schlechtere Bezahlung der Frauen: Häufig wählen sie schlecht bezahlte Berufe im sozialen Bereich.
Und natürlich spielt auch die Vereinbarung von Familie und Job trotz Väterzeit bei Frauen noch immer eine größere Rolle als bei Männern. Catrin Hinkel, Geschäftsführerin bei Accenture, erklärt in einer Pressemitteilung: „Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland machen es noch immer schwierig, Job und Familie zu vereinbaren. Berufstätige Mütter müssen sich häufig ein fragiles Konstrukt aufbauen, mit dem sie Beruf und Familie unter einen Hut bringen. Sie befürchten, dass es mit neuen Aufgaben zusammenbricht, und vermeiden es daher, etwas daran zu ändern.“ Oft arbeiten Frauen mit Familie nur noch in Teilzeit weiter – eine Beförderung schließen sie dadurch so gut wie aus.
Als Schlüssel zu beruflichem Erfolg wird berufliche Weiterbildung angesehen. Doch auch hier hinken die Frauen hinterher. Während sich nach dem Gender-Datenreport im Jahr 2002 nur knapp 62 Prozent der Frauen in Westdeutschland beruflich weiterbildeten, erreichten die Männer eine Teilnahmequote von 73 Prozent.
Warum nutzen so wenige Frauen die Chance zum Aufstieg? Nicht nur beim Gehalt, auch bei der Frage nach einer Weiterbildung werden Männer und Frauen vom Chef unterschiedlich behandelt. Die Studie „Karriere und Weiterbildung – Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage zu Bedeutung und Herausforderung der Weiterbildung“ der Management Circle AG, einem großen Anbieter von Seminaren zur beruflichen Fortbildung, belegt dies.
Demnach müssen Frauen ihre Weiterbildung häufiger als Männer komplett selbst finanzieren. Zugleich sind die Kosten für 71 Prozent der Frauen ein Hauptgrund, gar nicht erst an einer Weiterbildungsmaßnahme teilzunehmen. Dies gilt besonders während oder nach der Elternzeit.
Frauen sollten dennoch nicht auf Weiterbildung verzichten, sondern sie selber organisieren. Eine gute Möglichkeit, Weiterbildung und Familie unter einen Hut zu bekommen, bietet ein Fernstudium. Gerade in den sozialen Berufen bietet sich eine Weiterbildung zum Fachwirt an. So können z. B. Alten- und Krankenpflegerinnen den Fachwirt in Alten- und Krankenpflege machen, für Erzieherinnen bietet sich der Fachwirt im Erziehungswesen an. Allgemeiner gehalten ist der Fachwirt im Sozial- und Gesundheitswesen, der zum Beispiel die Leitung eines Pflegeheims oder einer Beratungsstelle ermöglicht.
Die Möglichkeit, als Frau mehr Geld zu verdienen, ist letztlich sehr von der Berufswahl abhängig. Wer „männertypische“ Berufe mit besseren Chancen wählt, z. B. im Bereich Technik oder Informatik, hat natürlich auch bessere Gehaltschancen.
Auch gilt: Je größer der Betrieb, desto geringer ist der Unterschied zwischen dem Männer- und Frauengehalt. Auch in Betrieben, in denen es eine betriebliche Mitbestimmung gibt, sind die Lohnunterschiede meist geringer. Auf dem Land hingegen sind die Lohnunterschiede auch besonders groß.
Aber auch während der Berufstätigkeit können Frauen die Lohnlücke reduzieren, z. B. indem sie ihre Erwerbspausen, d. h. kindbedingte Auszeiten verkürzen oder indem Betreuungszeiten in der Elternzeit gleichmäßiger auf beide Elternteile verteilt werden.
Und: In Ostdeutschland ist der Gender Pay Gap am geringsten. Jedoch reicht das Einkommen der Frauen in Ostdeutschland nicht an das der Frauen in Westdeutschland heran.
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