Fünf Tage mehr Urlaub und dazu noch eine Weiterbildung – der Bildungsurlaub macht’s möglich! bildungsXperten erklärt, in welchen Bundesländern Arbeitnehmer gesetzlichen Anspruch darauf haben und was man beachten muss.
Anrufe aus dem Ausland und seit Jahren nicht mehr Englisch gesprochen? Den Wunsch, in der Öffentlichkeitsarbeit tätig zu sein, aber wie schreibt man eigentlich eine Pressemitteilung?
Wer sich neuen Herausforderungen stellen und sich weiterbilden will, für den ist der Bildungsurlaub genau richtig. Was nur wenige wissen: Mit dem Bildungsurlaubsgesetz hat jeder Arbeitnehmer das Recht, in der Regel fünf Tage im Jahr bezahlten Urlaub zu nehmen, um sich weiterzubilden. Da Bildung Ländersache ist, hängt der Umfang des Bildungsurlaubs vom Bundesland ab. In jedem Fall muss der Arbeitnehmer Seminargebühren, Reise- und Verpflegungskosten selbst tragen.
Einzig Arbeitnehmer in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen gehen bisher leer aus – hier wurde bisher noch kein Bildungsurlaubsgesetz verabschiedet.
Der Bildungsurlaub, oder die Bildungsfreistellung, ist bisher noch wenig bekannt und wird kaum in Anspruch genommen. Im Jahr 2008 nahmen beispielsweise in Niedersachsen 1,3 % der freistellungsberechtigten Arbeitnehmer Bildungsurlaub, in NRW wird die Zahl auf 0,5 % geschätzt.
Um Bildungsurlaub zu bekommen, reicht es jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer sich aus persönlichem Interesse weiterbilden möchte. Schließlich will auch der Arbeitgeber von der Fortbildung profitieren und darin einen Nutzen für sein Unternehmen sehen. Auch wenn das Gesetz in vielen Bundesländern den Anspruch auf politische, kulturelle und sogar allgemeine Bildung garantiert, entscheidet am Ende der Arbeitgeber über den sogenannten Mindestnutzen. Und, ob er dem Antrag auf die Bildungsfreistellung zustimmt.
Auch das Bundesland stellt Bedingungen: Der Arbeitnehmer darf nur eine Weiterbildung besuchen, die vom Land als solche anerkannt ist.
Entweder der Arbeitnehmer fragt beim Veranstalter nach, ob die von ihm ausgewählte Fortbildung anerkannt ist. Oder – einfacher – er nutzt die von den Ländern bereitgestellten Datenbanken der anerkannten Weiterbildungen. Hier finden Sie eine Übersicht der Regelungen und Fortbildungsangeboten in den einzelnen Bundesländern. Hat der Arbeitnehmer die Anerkennung geklärt, kann er einen schriftlichen Antrag an seinen Arbeitgeber stellen. In den meisten Bundesländern muss der Antrag mindestens 6 Wochen vor Veranstaltungsbeginn eingereicht werden. Zum Antrag gehören Anmeldebestätigung, Anerkennung und Ablaufplan der Weiterbildung.
Tipp: Kein Chef möchte von plötzlichen Urlaubsplänen wie einer Kreuzfahrt überrascht werden und schon gar keinen Mitarbeiter in Stoßzeiten entbehren. Besser, man informiert seinen Arbeitgeber frühzeitig über die Absicht sich fortzubilden und findet gemeinsam einen Zeitraum für die Weiterbildung.
Weiterbildungen sind in zahlreichen Bereichen möglich. Vor allem Seminare für EDV sind gefragt. Zu den beliebtesten Kursen zählen Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene für Word, Excel oder Outlook. Sie sollen vor allem den Büroalltag erleichtern. Auch Fortbildungen zu Datenbankverwaltung, Programmierung in verschieden Programmiersprachen, computergestütztem Zeichnen (CAD), Webseitengestaltung oder zu verschiedenen Betriebssystemen werden häufig belegt. Im Bereich Kommunikation sind Kurse zu Rhetorik oder auch dem Training der Sprechstimme gefragt. Weitere Themen sind Stressbewältigung oder Mitarbeiterführung.
Auch für Sprachkurse im Ausland kann Bildungsurlaub beantragt werden. Die Anerkennung ist jedoch von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. [insert related]
Zwölf Bundesländer haben bisher ein Bildungsurlaubsgesetz verabschiedet. Das bedeutet: Es gibt zwölf verschiedene Gesetze. Welche Regelung gilt, hängt allein vom Arbeitsort ab, nicht vom Wohnort. Je nach Bundesland hat der Arbeitnehmer Anspruch auf fünf Tage Bildungsurlaub pro Kalenderjahr oder auf 10 Tage pro zwei Kalenderjahre. Letzteres ermöglicht Weiterbildungen, die länger als eine Woche dauern.
Einzig das Saarland hat eine Sonderregelung getroffen: Der Arbeitgeber muss nur die Hälfte des Umfangs der Weiterbildung als bezahlten Urlaub genehmigen. Die Höchstzahl sind drei Tage im Jahr. Die andere Hälfte steuert der Arbeitnehmer aus seiner arbeitsfreien Zeit bei. Dazu zählen unbezahlter Urlaub, arbeitsfreie Samstage oder ein Freizeitausgleich wegen Überstunden.
Der jährliche Bildungsurlaub kann in vielen Bundesländern „angespart“ oder vorgezogen werden, so dass der Beschäftigte auch mehrwöchige Fortbildungen wahrnehmen kann. Die Regelungen dazu variieren stark von Bundesland zu Bundesland.
Wichtig: In allen Bundesländern gilt der Anspruch auf Bildungsurlaub erst dann, wenn der Beschäftigte mindestens sechs Monate in seinem Betrieb tätig ist.
Für Beamte gibt es in den meisten Bundesländern gesonderte Regelungen.
Das Bildungsurlaubsgesetz garantiert aber nicht, dass jeder Antrag genehmigt wird.
Der Arbeitgeber kann einen Antrag ablehnen, wenn:
In jedem Fall muss der Arbeitgeber die Ablehnung schriftlich begründen.
Im Folgenden finden Sie eine ausführliche Übersicht über die Regelungen in den einzelnen Bundesländern.
Regelungen zum Bildungsurlaub in den Bundesländern I | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Bundesland |
Berlin |
Brandenburg |
Bremen |
Hamburg |
Hessen |
Sachsen-Anhalt |
Umfang in Tagen | 10 pro 2 Jahre (bis zum Alter von 25: 10 pro Jahr) | 10 pro 2 Jahre | 10 pro 2 Jahre | 10 pro 2 Jahre | 5 pro Jahr | 5 pro Jahr |
Anerkannte Bildungsarten | berufliche, politische Bildung | berufliche, politische, allgemeine, kulturelle Bildung | berufliche, politische, allgemeine Bildung | berufliche, politische Bildung, Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeiten | berufliche, politische Bildung, Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeiten | berufliche Bildung |
Für Azubis? | ja, aber nur für politische Bildung | ja | ja | ja | ja | ja |
Frist für die Antragsstellung (in Monaten) | 6 | 6 | 4 | 6 | 6 | 6 |
Anerkannte Weiterbildungen / Bildungsurlaubsgesetz | SeminareRegelungen | Seminare Regelung | Regelung | Seminare Regelung | Seminare Regelung | Regelung |
Regelungen zum Bildungsurlaub in den Bundesländern II | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Bundesland |
Mecklen-burg-Vor-pommern |
Nieder-sachsen |
Nordrhein-Westfalen |
Rheinland – Pfalz |
Saarland |
Schleswig-Holstein |
Umfang in Tagen | 5 pro Jahr | 5 pro Jahr | 5 pro Jahr | 10 pro 2 Jahre | Hälfte der Dauer der Veran-staltung, ma. 3 Tage pro Jahr | 5 pro Jahr |
Anerkannte Bildungsarten | berufliche, politische Bildung, Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeiten | berufliche, politische, allgemeine, kulturelle Bildung | berufliche, politische Bildung | berufliche, politische Bildung | berufliche, politische, allgemeine, Bildung | berufliche, politische, allgemeine, Bildung |
Für Azubis? | ja, aber nur politische Bildung, Qualifizierung für ehrenamtliche Tätigkeiten | ja | ja | ja, aber nur 3 Tage während der gesamten Ausbildungzeit | ja | ja |
Frist für die Antragsstellung | 6 | 4 | 6 | 6 | 8 | 6 |
Anerkannte Weiterbildungen / Bildungsurlaubsgesetz | SeminareRegelungen | Regelung | Seminare Regelung | Seminare Regelung | Seminare Regelung | Seminare Regelung |
Die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen werden in den Tabellen nicht aufgeführt, da sie noch kein Bildungsurlaubsgesetz verabschiedet haben. Die vollständige Tabelle finden Sie hier als Download.
Autor/in: Stefanie LangTags: Bildungsurlaub, Rechtliches, Urlaub