Lerntechniken, die das Studium erleichtern

Lerntechniken, die das Studium erleichtern

Ein Studium zu absolvieren erfordert viel Selbstdisziplin und Motivation. Die richtige Lerntechnik kann in der Klausurphase viel Stress und Zeit ersparen. Nicola Berger, freie Redakteurin und Dozentin für Lerntechniken und Zeitmanagement, gibt Tipps, wie man die beste Lernmethode für sich findet.

bildungsXperten: Frau Berger, Sie arbeiten als freie Autorin und geben Coachings in verschiedenen Bereichen. Bitte stellen Sie sich und Ihre Arbeit kurz vor.

Nicola Berger

Nicola Berger: Ich arbeite als freie Redakteurin für Kindermagazine, Autorin im Sach-, Spiele- und Activitybereich und als Dozentin für Lerntechniken und Zeitmanagement an der Düsseldorfer Akademie für Marketing-Kommunikation e.V. Der Bereich der Lern- und Arbeitstechniken liegt mir besonders am Herzen. Denn Lernen kann Spaß machen, das ist etwas, das aufgrund von Stress und Erfolgsdruck häufig vergessen wird.

bildungsXperten: Welche Voraussetzungen sollte ich mitbringen, damit meine Lernsession erfolgsversprechend ist? Spielen hier äußere Umstände, wie z.B. genügend Schlaf und eine angenehme Lernatmosphäre eine Rolle? Kann Stress mein Lernvermögen negativ beeinflussen?

Nicola Berger: Wer müde oder krank ist, kann Lernstoff tatsächlich nicht gut aufnehmen. Auch wer vor lauter Papier- und Bücherbergen seinen Schreibtisch nicht mehr findet, blockiert seinen Lernerfolg.

Der Arbeitsplatz ist idealerweise ein Ort, an dem man sich wohl fühlt. Das kann auch eine Parkbank oder ein Tisch im Café sein, wenn man mit den Nebengeräuschen umgehen kann. Eine Lernsession muss gut vorbereitet werden: Alles, was währenddessen stören könnte, also zum Beispiel Unordnung, sollte im Vorfeld beseitigt werden. Außerdem sollten alle Materialien, die man zum Lernen benötigt, bereit liegen. Damit kann man Stress vermeiden, der das Lernvermögen unter Umständen stark hemmt.

bildungsXperten: Es gibt verschiedene Lerntypen. Zwei, die sofort in den Kopf kommen, sind der „langfristige Typ“, der bereits Monate im Voraus weiß, wann er was zu lernen hat und, im Gegensatz dazu, der „kurzfristige Typ“, der gerne alles bis auf die letzten Sekunde verschiebt. Welche Lerntypen gibt es und wie erkenne ich, zu welchem Typ ich gehöre?

Nicola Berger: Jeder muss für sich individuell herausfinden, wie er am besten lernt. Grundsätzlich ist allerdings immer zu empfehlen, den Lernstoff langfristig vorzubereiten und Lernsessions mit genügend Zeitpuffern zu planen, um nicht in Zeitstress zu geraten, wenn mal etwas Unvorhergesehenes, zum Beispiel eine Krankheit, dazwischenkommt.

Ferner unterscheidet man Lerntypen dahingehend, wie sie Lernstoff am besten aufnehmen können. So gibt es auditive Lerntypen, die Inhalte am leichtesten verinnerlichen, wenn sie sie hören, oder kommunikative Lerntypen, die zum Beispiel in Gesprächen gut lernen können. Haptische Lerntypen müssen den Lernstoff praktisch anwenden. Ein Lerntypentest gibt Aufschluss darüber, über welche Kanäle man selbst Lernstoff am besten aufnehmen kann.

bildungsXperten: Nachdem ich herausgefunden habe, zu welchem Lerntyp ich gehöre – wie kann mir dieses Wissen weiterhelfen?

Nicola Berger: Der kommunikative Lerntyp kann sehr gut in Lerngruppen arbeiten. Er verinnerlicht Wissen zum Beispiel dadurch, dass er es anderen erzählt. Dem auditiven Lerntypen etwa kann es helfen, sich Texte selber laut vorzulesen. Der visuelle Lerntyp arbeitet am besten mit Mind Maps, Skizzen oder Lernkarteien. Der haptische Lerntyp braucht Bewegung beim Lernen. Wenn man für sich herausgefunden hat, zu welchen Lerntypen man gehört – oft gibt es Tendenzen zu mehreren Typen – dann weiß man auch, welche Methoden man am besten nutzt, um Lernstoff schnell und gut zu verinnerlichen.

bildungsXperten: Zeitmanagement ist ein wichtiger Faktor, wenn es um eine erfolgreiche Prüfungsvorbereitung geht. Wie schaffe ich es, meine Zeit bestmöglich zu organisieren und trotzdem noch Zeit für Entspannung zu finden?

Nicola Berger: Lerntechniken und Zeitmanagement sind sehr eng miteinander verknüpft. Wichtig ist, dass ich mir Zeiträume schaffe – zum Lernen und auch für meine Freizeit. Wer sich keine Zeit für sich gönnt, ist nicht ausgeglichen. So kann Lernen keinen Spaß machen. Meine Empfehlung: Lernphasen langfristig im Voraus planen und Puffer einplanen. Und wenn man eine Session erfolgreich geschafft hat, sollte man sich unbedingt dafür belohnen!

bildungsXperten: Kann ich auch Zeit gewinnen, indem ich spezielle Lese- und Erinnerungstechniken erlerne? Wie funktioniert das?

Nicola Berger: Es gibt Lesetechniken, die viel Zeit sparen können. Beim Kursorischen Lesen zum Beispiel erfasse ich einen Text nicht Wort für Wort, sondern versuche, mir schnell einen Überblick zu verschaffen. Wovon handelt der Text grob? Welches sind die wichtigsten Fakten? Welche Informationen sind für mich wichtig.

Mit etwas Übung kann ich so auch längere Texte in wenigen Minuten grob erfassen. Beim Diagonalen Lesen wird ein Text tatsächlich von links oben nach rechts unten auf Schlüsselwörter gescannt. Feinheiten und Details können so natürlich nicht aufgenommen werden. Möchte man einen Text genauer lesen, eignen sich Methoden, bei denen man einen Text in verschiedenen Phasen bearbeitet, sich erst einen Überblick verschafft, den Text dann gliedert, die einzelnen Abschnitte konzentriert liest und das Gelesene im Anschluss zueinander und zu bereits vorhandenem Wissen in Verbindung setzt.

Erinnerungstechniken machen nicht nur Spaß, sie helfen uns auch sowohl beim Lernen als auch im täglichen Leben. Hier gilt: Man muss für sich herausfinden, mit welchen Techniken man gut arbeiten kann. Meine Lieblingsmethode ist die Körperteile-Methode, bei der man Stichworte seinen einzelnen Körperteilen zuordnet, je bildlicher desto besser. Mit ein bisschen Kreativität kann man so fast alles erinnern.

bildungsXperten: Nach etlichen Klausuren und Prüfungen leidet im Studium häufig die Lern-Motivation. Wie schaffe ich es, mich dennoch auch weiterhin zu motivieren und mich aus einem Lerntief heraus zu manövrieren?

Nicola Berger: Wichtig ist, dass ich mir meine Erfolge vor Augen halte. Was war mein Ziel, zum Beispiel eine bestimmte Note? Habe ich mein Ziel erreicht? Damit Lernen Spaß macht, muss man sich ab und zu auch mal eine Pause gönnen. Absolute Lerntiefs bewältigt man am besten mit einem Tapetenwechsel. Worauf habe ich jetzt Lust? Sport, frische Luft, eine Party? Das sollte man sich dann auch einfach mal gönnen. Und am nächsten Tag kann es weiter gehen. Auch deshalb ist es wichtig, immer Puffer in den Lernphasen mit einzuplanen.

Um Lerntiefs zu vermeiden, sollte man sich zudem möglichst kleine Teilziele setzen und sich nicht zu viel vornehmen. Wenn man den Lernstoff in kleine Einheiten aufteilt und sich täglich eine realistische Menge dieser kleinen Lerneinheiten vornimmt, kann man dadurch sein Erfolgsgefühl steigern.

bildungsXperten: Ablenkung gibt es heutzutage an jeder Ecke – sei es das Internet, das Handy oder der Fernseher. Außerdem hat man oft viele verschiedene „Baustellen“ im Kopf. Gibt es Techniken, die helfen die Konzentration, besonders in intensiven Lernphasen, zu bündeln und zu fördern? Wenn ja, welche sind das?

Nicola Berger: Bevor ich mit dem Lernen beginne, sollte ich überlegen: Was könnte mich in den nächsten Stunden vom Lernen abhalten? Handy, Emails, Social Networks, … Diese Zeitdiebe muss ich für die Zeit meiner Lernsession im wahrsten Sinne des Wortes ausschalten. Im Anschluss ist immer noch Zeit, um Anrufe, SMS usw. zu beantworten. Außerdem ist es hilfreich, mal in den eigenen Kopf zu schauen. Sorgen, Prüfungsängste etc. lassen sich nicht so einfach abschalten wie Handys, sollten aber eine Lernsession auch nicht überschatten. Prüfungsangst wird zum Beispiel oft schon dadurch gemindert, dass man sich einen Überblick über den Lernstoff verschafft und schlicht mit dem Lernen beginnt.

bildungsXperten: Wie kann ich, neben Motivations- und Konzentrationstechniken, sonst noch meine Leistung steigern, um noch bessere Lernergebnisse zu erzielen?

Nicola Berger: Das Gehirn benötigt eine Aufwärmphase, ähnlich wie der Körper beim Sport. Zu Beginn einer Lernsession sollte deshalb immer eine leichte Aufgabe auf dem Programm stehen, mit der man sich erst mal aufwärmen kann, zum Beispiel das Sichten und Ordnen von Lernmaterial.

Nach etwa 50 Minuten sinkt die Konzentration ab. Wichtig sind deshalb genügend Pausen, die allerdings eher thematisch als zeitlich gesetzt werden sollten. Die Pausen sollten etwa zehn Minuten lang sein. Währenddessen ist es hilfreich aufzustehen, sich zu bewegen und möglichst keine neuen Informationen (Radio, Zeitung) aufzunehmen.

bildungsXperten: Auf welche Techniken legen Sie als Selbstständige besonders Wert, um Ihren Tag zu managen. Können Sie unseren Lesern noch einen Geheimtipp geben?

Nicola Berger: Ich könnte niemals ohne To-Do-Listen arbeiten. Machen Sie sich jeden Tag eine Liste mit Dingen, die Sie erledigen möchten. Planen Sie, wie viel Zeit Sie für die Aktivitäten auf der Liste benötigen und versuchen Sie, nur 60 % Ihres Tages zu verplanen.

Den Rest benötigen Sie als Puffer und als Raum für Ihre Kreativität. Überlegen Sie, welches Ihre Prioritäten an dem Tag sind und markieren Sie sie. Das Beste an To-Do-Listen: Immer wenn Sie einen Punkt erledigt haben, streichen Sie ihn durch. Am Ende eines Tages sichten Sie Ihre Liste. Gibt es noch offene Punkte? Übertragen Sie diese auf den nächsten Tag und fügen Sie Ihre neuen To Dos hinzu. Danach beschließen Sie den Tag – auf der Liste und im Kopf, das erleichtert das Abschalten!

Das Interview führte Julia Höger.

Autor/in: Nicola Berger M.A.
Veröffentlicht am 3. August 2011