Effektives Zeitmanagement im Studium

Effektives Zeitmanagement im Studium

Zu wenig Zeit? Nicht der richtige Augenblick zum Lernen? Fast jeder Student kennt den Hausarbeiten-Killer „Aufschieberitis“. bildungsXperten sprach mit Martin Krengel, Autor des „Studi-Survival-Guides“ darüber, wie man mit gutem Zeitmanagement seinen inneren Schweinehund überwinden kann.

bildungsXperten: Herr Krengel, der Druck auf Studenten wird gerade durch die gestrafften Studienpläne der Bachelorstudiengänge immer stärker. Zeitmanagement scheint da die Lösung zu sein. Was raten Sie betroffenen Studenten?

Studiencoach Martin Krengel

Studiencoach Martin Krengel

Martin Krengel: Durch die Umstellung auf den Bachelor haben Studenten mehr Stress. Gleichzeitig haben sie Motivationsprobleme, überhaupt erst mit dem Lernen anzufangen. Zu Beginn haben sie ein schlechtes Gewissen, hinterher spüren sie den Stress umso stärker.

Zeitmanagement kann tatsächlich helfen, Lücken im Tages-/Wochenplan zu entdecken. Wenn ich meine Zeit mehr ordne, erkenne ich Zeitinseln, kann bündeln und Synergieeffekte nutzen.

bildungsXperten: Immer wieder wird dazu geraten, Zeitpläne zu erstellen. Aber wie macht man das eigentlich? Worauf sollte man achten? Was raten Sie Studenten, wie man am besten vorgehen sollte?

Martin Krengel: Ich rate davor, im Studium eher in der Woche zu planen, auf meiner Webseite www.studienstrategie.de finden Sie eine Wochenplan-Vorlage zum Download.

Damit sieht man genau, wann Termine für Vorlesungen oder Übungen verplant sind. In diesen Wochenplan trage ich auch private fest stehende Termine ein. Und als drittes ergänze ich dort Termine „mit mir selbst“. So plane ich z.B. einen fixen Termin dafür, wann ich lernen und die Uni vor- und nachbereiten möchte. Dadurch muss ich mir, wenn ich aufstehe, nicht erst Gedanken machen, was ich alles erledigen muss, sondern habe meine persönlichen Termine ebenso fix wie Vorlesungstermine als selbstbestimmte Lernzeit definiert. Damit verliere ich keine Zeit für die Entscheidung „Was mache ich denn jetzt?“.

bildungsXperten: Sie haben ja das Motivationsproblem schon angesprochen, diese „Aufschieberitis“, die es bei sehr vielen Studenten gibt – was kann man denn da genau machen?

Martin Krengel: Wir müssen unseren inneren Schweinehund überlisten – und da gelten keine Ausreden, denn DEN perfekten Augenblick zum Anfangen gibt es nicht. Eine beliebte Ausrede ist, erst einmal die kleinen Dinge zu erledigen um dann Zeit für die großen zu haben. Das funktioniert in der Regel nicht. Die zweite beliebte Ausrede ist, dass jetzt nicht der richtige Augenblick zum anfangen ist. Fakt ist: Wenn das Gehirn sich einmal mit Dingen beschäftigt, arbeitet es unbewusst weiter. So reicht eine halbe Stunde völlig um Dinge zu wiederholen, sowie Fragen und Probleme zu definieren. Die dritte oft gehörte Ausrede ist, bereits nach wenigen Minuten aufzugeben, wenn man das Gefühl hat, man bringt nur 30 Prozent Leistung von dem, was man sich vorstellt – weil man gerade k.o. ist oder Abend ist oder so. Nur ist es so, dass wir in den seltensten Fällen 100 Prozent Leistung bringen können oder 100 Prozent Verständnis von schwierigem Material haben. Deswegen muss ich meine Erwartungen runterschrauben und sehen, dass auch 30 Prozent ein Fortschritt sind. Ich erlebe, dass viele diese hohe Erwartung haben und dies dazu führt, dass sie gar nicht erst anfangen.

bildungsXperten: Dann ist es wahrscheinlich auch besser, zu Beginn des Studiums erst einmal zu beobachten, wie man selber mit seinem Lernpensum umgeht. Es ist bestimmt auch nicht gut, wenn man direkt im ersten Semester mit übertriebenen Lernplänen anfängt, oder?

Martin Krengel: Nein, das erste Semester ist Party-Semester und das ist vollkommen in Ordnung. Diese Sozialisation und diese Inkarnation ins Erwachsenenleben sind einfach wichtig. Da bringt es nichts, wenn ich in der ersten Woche schon in der Bibliothek sitze und mich ausgrenze und den Anschluss zu den Leuten verliere. Denn dieser Anschluss ist sehr wichtig, er gibt mir später auch wichtige Informationen, wichtige Kontakte und macht mir das Leben um einiges leichter. Deswegen: Das Feiern gehört zum Studium und das sollte man sich auch nicht nehmen lassen!

bildungsXperten: Da komme ich direkt zur nächsten Frage – Auszeiten und Pausen von Lernen, wie wichtig sind die dann wirklich?

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Martin Krengel: Die sind enorm wichtig. Wir kennen das alle, das beste Beispiel ist eine Hausarbeit. Wenn ich da durchpowere, schreibe ich sie in drei Tagen runter. Dann checke ich sie in der Nacht noch nach Rechtschreibfehlern und gebe sie am nächsten Morgen ab. Das ist allerdings keine gute Idee. Denn wenn ich länger ununterbrochen an einer Arbeit sitze, noch schlimmer wird das z.B. bei der Bachelorarbeit, bin ich so im Detail und habe so viele Informationen in meinem Kopf, dass ich gar nicht mehr weiß: Sind diese Informationen jetzt in meinem Kopf oder in der Arbeit? Wenn man dann drei Wochen später die Arbeit zurück bekommt und noch einmal liest denkt man meist „Oh Gott, was habe ich mir denn da für einen Mist zusammengeschrieben?“ – obwohl man zu Anfang so überzeugt war von der Arbeit.

Ein Abstand ist wichtig und besonders deutlich spürbar, wenn ich zwei Tage am Wochenende komplett frei mache und dann Montag noch einmal eine Überarbeitung der Arbeit vornehme. Dann sehe ich plötzlich Strukturbrüche, sehe, dass bestimmte Informationen, von denen ich dachte, dass sie völlig klar sind, überhaupt nicht rüberkommen und erkenne auch wieder Rechtschreibfehler. Vorher hat man einen Autoresponder, einen Automatismus – man liest und weiß, was man sehen möchte, die fehlenden Informationen ergänzt das Gehirn dann automatisch. Also wir brauchen das Vergessen, um wieder mit neuem Blick auf unseren Lernstoff drauf zu schauen.

bildungsXperten: Das heißt ein Zeitpuffer nach Arbeiten ist enorm wichtig?

Martin Krengel: Natürlich. Bei Hausarbeiten habe ich mir immer eine Deadline von mehreren Tagen bis sogar eine Woche vorher in den Terminkalender gesetzt und dann versucht, meine Arbeitsweise nach dieser Deadline auszurichten. So hat man am Ende weniger Stress, wenn man doch einen Jokertag hat und vor allem hat man Zeit, das Ganze noch einmal zu überarbeiten. Die Ergebnisse sind bei mir dadurch signifikant nach oben gegangen.

Beim Lernen ist es nicht der Vergessenseffekt, der wichtig ist, sondern eher, dass ich die Informationen speichern muss, denn dafür benötige ich Zeit.

bildungsXperten: Dann bleiben wir auch beim Lernen. Oft kommt es vor, dass man mehrere Klausuren gleichzeitig hat oder kurz hintereinander und sich überfordert fühlt. Oder man hat so viel Stoff, dass man gar nicht mehr weiß, wo man anfangen soll. Was kann man tun, wie kann man am besten Prioritäten setzen, wenn man mehrere Sachen parallel lernen muss?

Martin Krengel: Grundsätzlich ist es gar nicht verkehrt, wenn man 2 oder 3 Projekte gleichzeitig macht, denn das zwingt einen zu einer gewissen Disziplin. Wissen Sie, wenn ich eine komplette Woche Zeit habe um eine Buch zu lesen, dann brauche ich eine komplette Woche um dieses Buch zu lesen – dann fange ich wahrscheinlich erst am Mittwoch an und und interessiere mich für jedes Detail. Wenn ich aber zwei oder drei Projekte bis Sonntag zu erledigen habe, dann fange ich Montag mit dem ersten an und muss auswählen: Was sind die wichtigen Dinge, worauf kommt es wirklich an? Das bedeutet, eine gewisse Zeitbegrenzung zu haben, ist gar nicht mal so doof.

Die Frage ist nun, wie taktet man das geschickt? Da kann jeder seinen eigenen Weg finden und sagen, ich mache von Montag bis Mittwoch Projekt A, von Donnerstag bis Samstag Projekt B und  Sonntag gebe ich mir Zeit zum Vergessen, damit ich Montag wieder Energie habe.

Ich mache das z.B. jetzt auch so, ich schreibe von Montag bis Mittwoch an meiner Doktorarbeit und von Donnerstag bis Samstag schreibe ich an meinen Büchern und gebe Seminare. Damit schaffe ich es, zwei sehr große und komplexe Projekte nebenher zu stemmen. Das ist nicht einfach, aber diese Einteilung hilft mir, die wichtigen Dinge innerhalb dieser drei Tage zu erledigen.

bildungsXperten: Wie gelingt es Ihnen, dass Sie dann umschalten zwischen diesen Projekten, ohne sich immer wieder neu einarbeiten zu müssen?

Martin Krengel: Das ist allerdings schwierig. Deshalb habe ich es in Tage gegliedert. Es ist gut, direkt morgens mit der Arbeit anzufangen, denn es sind ja zwei große und komplexe Arbeiten, die ich da schreibe.

Im Studium habe ich anders getaktet, denn da waren die Projekte überschaubarer. Ich habe meinen Lernstoff in Tage gegliedert, z.B. Fach A am Montag gelernt, dann jedoch innerhalb von Fach A wieder in zwei Themen gegliedert. Das heißt ich lerne erst Themengebiet A, mache dann Mittagspause und lerne dann Themengebiet B – damit ich Abwechslung habe. Denn wenn man den ganzen Tag das selbe macht, sinkt die Aufmerksamkeit und das Interesse im Laufe des Tages stetig ab. Ich habe mehr davon, wenn ich z.B. das Lesen eines Buches in 2 Tage oder Halbtage aufteile.

bildungsXperten: Kann man in Stunden sagen, wie die ideale Konzentrationsdauer ist? Es gibt ja immer Kommilitonen, die lernen die ganze Nacht und man hat selber ein schlechtes Gewissen, weil man nur ein paar Stunden gelernt hat.

Martin Krengel: Auch dazu habe ich eine Übersicht, einen Tagesplan auf meiner Download-Seite der Zeitmanagement-Tipps. Dieser visualisiert einen 90-Minuten-Rhythmus. Wir können uns körperlich 90 Minuten disziplinieren zu arbeiten – Sie kennen das aus der Vorlesung – das ist schon sehr lang und deshalb müssen die Inhalte spannend und abwechslungsreich sein. Mit einem straffen Programm schaffe ich es teilweise, meine Seminarteilnehmer drei Stunden lang bei Energie zu halten. Das funktioniert mit abwechselnden Inhalten: Impulsvorträge abwechselnd mit sehr aktiven Gruppenübungen und dann wieder Impulsvorträgen.

Je aktiver, je abwechslungsreicher und je intensiver wir uns mit Themen beschäftigen, desto länger können wir uns damit beschäftigen. Wenn wir ein Lesepensum haben, dann ist es besser in diesen 90 Minuten 45 Minuten zu lesen, 15 Minuten lang ein Mindmap zu zeichnen und schon mal das Gelesene zusammen zu fassen, 20 Minuten weiterzulesen und dann noch einmal 10 Minuten zu ergänzen. Somit habe ich 4 verschiedene Tätigkeiten in diesen 90 Minuten, Abwechslung und auch einen Pauseneffekt innerhalb der Arbeit. Dann kann ich eine Pause von 15-30 Minuten machen und in dieser Zeit meinen ganzen Orga-Kram erledigen.

bildungsXperten: Sie haben das Buch „Der Studi-Survival Guide – Erfolgreich und gelassen durchs Studium“ verfasst. Was bieten Sie den Lesern? Was hebt das Buch von anderen Ratgebern ab und was für ein Feedback erhalten Sie von Ihren Lesern?

Martin Krengel: Der „Studi-Survival Guide“ ist tatsächlich das erste komplett auf Studenten ausgerichtete Zeitmanagement-Konzept. Aus Unzufriedenheit über bestehende Ratgebern habe ich damals gesagt, ich muss das Zeitmanagement einfach mal komplett aus Studentensicht anwenden. Dies habe ich im Studium gemacht habe und das Ergebnis in meinem Buch niedergeschrieben.

Ich habe dieses Buch tatsächlich als Student geschrieben und spreche auf gleicher Augenhöhe, ohne zu belehren, zu meinen Kommilitonen. Das Buch ist jetzt in der 3. Auflage, hat sich 8.000 Mal verkauft, ohne dass wir Werbemittel hatten – es lebt praktisch durch die Weiterempfehlung von Student zu Student. Das ist schon ein tolles Gefühl und dementsprechend kriege ich auch immer wieder ein sehr positives Feedback von den Lesern.

bildungsXperten: Sie haben selbst studiert, promovieren jetzt. Würden Sie ihr Studium heute rückblickend anders gestalten?

Martin Krengel: Ja, das Zeitmanagement ist eine Denkhaltung und eine Daueraufgabe. Das Buch habe ich am Ende des Studiums geschrieben und es ist eine Summe aus meinen Erfahrungen, aus den Konzepten, die gut geklappt haben und eine Reflektion, was hätte anders laufen sollen. Deshalb würde ich jetzt natürlich anders studieren. Aber ich mache mir keine Vorwürfe und anderen keine Vorwürfe, denn das ist ein Lernprozess und deshalb studiert man ja, um diese Erfahrung zu machen.

bildungsXperten: Sie geben auch Seminare zum Zeitmanagement – beschränken diese sich auf Studenten oder gibt es auch andere Angebote für  Berufstätige?

Martin Krengel: Ich gehe zunehmend immer mehr in diese Richtung, da ich immer mehr Anfragen aus der Wirtschaft bekomme. Ich habe meine Ansätze so weit weiterentwickelt, dass ich viel besser erklären kann, warum wir uns ablenken, und weiter unter die Oberfläche gehe, als andere Autoren. Mir ist es wichtig, die Hintergründe zu zeigen, damit die Leute sich selber helfen können.

bildungsXperten: Wird es einen Nachfolgeratgeber zum Survival Guide geben?

Martin Krengel: Die „Golden Rules“ sind der Nachfolger vom Survival Guide, verfolgen aber ein anderes Konzept. Die Golden Rules richten sich an ältere Semester und Junge Berufstätige, Young Professionals, und sind einfach ein praktisches Nachschlagewerk für wichtige Zeitprobleme. Das Buch bietet wichtige Regeln zu den Themen Selbstcoaching, Motivation, Zeitmanagement, Konzentration und Organisation. Jede Regel präsentiert sich auf maximal 3-6 Seiten, sodass ich daraus direkt einen Motivationsschub bekommen und die Dinge anwenden kann.

Das Interview führte Miriam Bax

Autor/in: Martin Krengel
Veröffentlicht am 6. Juni 2011

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