BIBB-Umfrage: Wie ging es MFA-Azubis in der Corona-Pandemie?

BIBB-Umfrage: Wie ging es MFA-Azubis in der Corona-Pandemie?

Medizinische Fachangestellte standen während der Corona-Pandemie seit Anfang des Jahres 2020 unter großem Druck. Viele neue Regeln rund um das Hygieneverhalten in Praxen, aber auch eine veränderte Kommunikation mit Patienten und Kollegen beeinflussten den Arbeitsalltag. Gleiches gilt für jene Menschen, die während der Pandemie in Ausbildung waren. Wie es um ihr Befinden steht, erörterten Experten des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) im Rahmen einer Umfrage.

Eine Umfrage nur für Auszubildende: Aber warum?

In der Pandemie zeigte sich schnell, dass Hausarztpraxen als Drehkreuz und Anlaufstelle weiter von größter Bedeutung sind. Während in der öffentlichen Debatte oftmals vorrangig auf das Krankenhauspersonal und dessen Belastungssituation hingewiesen wurde, kam es im Bereich der Praxisversorgung hingegen zu deutlich selteneren Meldungen. Daher mehrten sich während der Pandemie auch Stimmen, welche sich für mehr Anerkennung für MFA aussprachen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Forderung nach einem Corona-Bonus seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).

Die Medizinischen Fachangestellten – ganz gleich ob in Ausbildung oder bereits ausgelernt – bildeten während der ersten Wellen folglich eine erste Linie, die die Koordination der Patienten übernahm, sich mit diagnostischen sowie organisatorischen Aufgaben befasste und dabei selbst unter großem Druck stand. Auch das erhöhte Infektionsrisiko aufgrund des direkten Patientenkontakts gehörte während der Pandemie jederzeit zu den Rahmenbedingungen in Praxen.

Interessant war für die Verantwortlichen des BIBB, wie sich die Lage auf die Auszubildenden auswirkt. Diese mussten schließlich nicht nur im Praxisalltag bestehen und die Belastungen der Pandemie kompensieren, sondern parallel weitere Lernaufgaben bewältigen. Im Herbst 2020 bot das Bundesinstitut MFA-Auszubildenden deshalb die Möglichkeit, an einer Umfrage teilzunehmen. Die Ergebnisse sind hier detailliert einsehbar und weisen darauf hin, dass der Wunsch nach Wertschätzung groß und die Freude am Beruf bei vielen weiter vorhanden ist.

Die Umfrageteilnehmer im Detail

Insgesamt 1.253 Teilnehmer brachten ihre Ansichten in die Umfrage des BIBB ein. Der Altersdurchschnitt lag bei 21,5 Jahren, 97,4 Prozent der Fragebögen wurden von weiblichen MFA-Auszubildenden eingereicht. Dass auch in der Realität mehr Frauen den Beruf der Medizinischen Fachangestellten erlernen und ausüben, erklärt diese deutlich einseitige Verteilung. Etwas mehr als ein Drittel der Umfrageteilnehmer absolvierten ihre Ausbildung in allgemeinmedizinischen Praxen.

Dass es sich nicht um eine repräsentative Umfrage handelt, merkt das Bundesinstitut ebenfalls an und begründet dies mit einer nicht über die gesamte Bundesrepublik verteilten Herkunft der Teilnehmer. So stammte der Großteil mit jeweils etwa 44 Prozent aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Eine nennenswerte Beteiligung gab es ansonsten noch in Hamburg und im Saarland (jeweils rund 4 Prozent) sowie in Bayern (2,6 Prozent). Ein grobes Lage- und Stimmungsbild lässt sich laut der Verantwortlichen aber durchaus ableiten.

Die Inhalte der Umfrage: Drei Bereiche im Fokus

Im Rahmen der Umfrage erhielten die Teilnehmer verschiedene Fragen, bei denen sie ihrer Zustimmung oder Ablehnung vorrangig durch Ankreuzen Ausdruck verleihen konnten. Die drei Hauptbereiche, die betrachtet werden sollten, waren der Arbeitsplatz, die Berufsschule und das persönliche Belastungsempfinden.

Psychosoziale Arbeitsbedingungen von Medizinischen Fachangestellten können durchaus Stress sowie Belastung mit sich bringen. Daher ist die Integration dieses Aspekts ebenfalls sinnvoll, um ein ganzheitliches Stimmungsbild zu erhalten. Mit Freitextfeldern gaben die Verantwortlichen den Befragten Gelegenheit, auch ihre eigenen Gedanken zu erfassen und einzureichen.

Der allgemeine Eindruck rund um den Job als MFA

Was die Stimmung unter den Auszubildenden betrifft, zeigte die Umfrage, dass ganze 70 Prozent der Befragten in der Corona-Pandemie negative Auswirkungen auf ihre Ausbildung bemerkt haben; 24 Prozent bezeichneten die Auswirkungen sogar als „sehr negativ“.

Trotzdem wollen viele der Teilnehmer ihrem ausgewählten Beruf nach der Ausbildung treu bleiben: 39 Prozent gaben an, dass sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit weiter als MFA arbeiten werden, nur elf Prozent sprachen von einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit. Angesichts der Tatsache, dass Stellenangebote für MFA aufgrund des Fachkräftemangels häufig sind, dürften die ausgebildeten Fachangestellten auch in der näheren Zukunft noch gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt genießen.

Veränderungen am Arbeitsplatz

Am Arbeitsplatz spürten die Auszubildenden während der Corona-Pandemie teilweise deutliche Veränderungen: 43 Prozent sprachen von einem gesteigerten Arbeitsumfang. Besonders galt dies für Auszubildende in allgemeinmedizinischen Praxen. In anderen Bereichen kam es häufiger zu einem verringerten Arbeitsaufkommen. Rund 18 Prozent aller Teilnehmer gaben an, dass sich ihre Arbeitszeit in der Pandemie reduzierte.

Zu den Herausforderungen wurden die Auszubildenden ebenfalls befragt. Unter anderem gaben sie dabei an, dass

  • unangenehme Telefonate,
  • gereizte oder ängstliche Patienten,
  • ein verschlechtertes Teamklima,
  • Konflikte mit Vorgesetzten,
  • hoher Zeitdruck
  • und fehlende gemeinsame Mittagspausen

als belastend empfunden wurden. Dies betraf ebenso die schwierigere Kommunikation mit Patienten, welche sich nicht an die vorgeschriebenen Corona-Maßnahmen halten wollten. Nicht nur im Hinblick hierauf, sondern auch in Zeiten der Impfstoffknappheit kam es in Praxen immer wieder zu Streit und schwierigen Situationen. Mit der späten Einbindung der Arztpraxen in die Impfkampagne und teilweise geringen Impfquoten stieg auch die Belastung vor Ort.

Was die Schutzmaßnahmen selbst betraf, fühlten sich 89 Prozent der Teilnehmer in der Kommunikation eingeschränkt. Auch ein weniger persönlicher Kontakt und erschwerte Bedingungen beim Erkennen von Bedürfnissen gehörten zu den Antworten. Das Tragen einer Maske während der Arbeitszeit empfanden mehr als 30 Prozent der Auszubildenden als sehr stark belastend.

Die Lernsituation während der Pandemie

Weil zur MFA-Ausbildung auch jeweils Schulzeiten mit theoretischem Berufsschulunterricht gehören, befragte das BIBB die Auszubildenden ebenso zu diesem Bereich. Wichtige betriebliche Inhalte ihrer Ausbildung kamen bei etwas weniger als der Hälfte der Teilnehmer teilweise oder gänzlich zu kurz. Zudem bestand laut der Hälfte aller Auszubildenden keine ausreichende Möglichkeit, den Schulausfall im Betrieb zu kompensieren.

Während einiger Wochen fiel der Unterricht bei etwa drei Viertel der Befragten in den Berufsschulen vollständig aus. Hierzu befragt, gaben die meisten Umfrageteilnehmer an, dass ihnen Alternativen geboten wurden. Nur fünf Prozent beklagten das vollständige Fehlen von Ersatzangeboten. Besonders häufig erhielten die Auszubildenden Aufgaben auf digitalem Wege wie etwa per E-Mail. In 39 Prozent der Rückmeldungen zeigte sich außerdem, dass ein regelmäßiger Kontakt zu den Lehrkräften bestand. In einem Viertel der Fälle gab es auch Online-Unterricht, über ein Drittel der Teilnehmer konnten eine Plattform für E-Learning nutzen.

Freude an den Ersatzangeboten hatten jedoch nicht alle Auszubildenden. Nur neun Prozent von ihnen stuften das alternative Lernen als Spaß ein, 77 Prozent empfanden dies nicht oder gar nicht so. Auch die Frage, ob der Unterricht so habe ersetzt werden können, dass die Ausbildung nicht negativ beeinträchtigt wurde, beantworteten nicht alle Teilnehmer positiv. Rund 65 Prozent gaben an, dass dies eher nicht der Fall war.

Da eine Rückkehr in den Unterricht zum Zeitpunkt der Befragung wenigstens teilweise wieder möglich war, konnten die Verantwortlichen ebenfalls erfragen, wie sich die Pandemie auf das Lernen im Präsenzunterricht auswirkt. Die Befragten, welche entweder im Wechsel- oder im vollständigen Präsenzunterricht in die Schule gingen, sprachen von

  • ständigem Lüften,
  • dem Tragen einer Maske
  • und erschwerter Kommunikation

als Herausforderungen. Inwiefern der Präsenzunterricht dennoch besser als digitale Angebote ist, dürfte erst die Zeit zeigen.

Fazit: Eine belastende Phase und starke Leistungen

Wie die Befragung des BIBB offenbart, leisteten nicht nur ausgebildete MFA in Praxen während der Pandemie Großes, sondern auch die Auszubildenden. Nicht alle von ihnen waren zufrieden mit der schulischen Lernsituation und manche fühlten sich vor allem in der Praxis stärker unter Druck als noch vor der Pandemie.

Die Tatsache, dass MFA im Vergleich zu Pflegepersonal in Kliniken zu Pandemiezeiten weniger Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit erhielten, erachtete ein Teil der Befragten als negativ. Hier wird deutlich: Mehr Wertschätzung gehört zu den zentralen Wünschen vieler Medizinischer Fachangestellter, die ihren Job trotz der Zusatzbelastungen gerne machen und nach der Ausbildung weiterführen wollen.

Autor/in: Benjamin Fink
Veröffentlicht am 1. Oktober 2021

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