Wie funktioniert die Ausbildungsverkürzung?

Wie funktioniert die Ausbildungsverkürzung?

Wer einen hohen Schulabschluss hat, schon vor der Ausbildung Berufserfahrung in dem Bereich sammeln konnte oder sehr gute Leistungen bringt, wird belohnt: mit einer Verkürzung der Ausbildung.

Eine Ausbildung dauert für gewöhnlich drei Jahre. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Ausbildungszeit jedoch verkürzt werden. Rechtliche Grundlage ist dabei das Berufsbildungsgesetz. Dieses besagt, dass die Ausbildungszeit verkürzt werden kann, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht wird (§8 BBiG).
Wer berufliche Vorbildung, wie z. B. ein Berufsgrundbildungsjahr besitzt oder einen hohen Schulabschluss, kann bereits vor Beginn der Ausbildung einen Antrag auf Verkürzung stellen.

Berufliche Vorbildung anrechnen lassen

Berufliche Vorbildung kann unter gewissen Umständen auf die Ausbildungszeit angerechnet werden (§7 BBiG). Voraussetzung ist nach §43 BBiG, dass der Bildungsgang, z.B. an einer Berufsfachschule oder durch ein Berufsgrundbildungsjahr der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspricht.

Wer bereits einmal eine Ausbildung in einem ähnlichen Bereich angefangen und abgebrochen hat, kann sich also diese Zeit auf die neue Ausbildung anrechnen lassen. Die angerechnete Zeit wird dann als bereits absolvierte Ausbildungszeit bewertet. Wer z.B. ein Jahr angerechnet bekommt, hat Anspruch auf die Vergütung des zweiten Lehrjahrs. Die Anrechnungszeit muss zu Beginn der Ausbildung bei den zuständigen Stellen beantragt werden.

Verkürzung bei höherem Schulabschluss

Auch wer einen höheren Schulabschluss als den Hauptschulabschluss hat, kann seine Ausbildungszeit verkürzen. Mit Fachoberschulreife, also z.B. einem Realschulabschluss ist eine Kürzung um 6 Monate möglich, mit Fachhochschulreife und Abitur kann die Ausbildung um 12 Monate gekürzt werden. Ein Anspruch auf höhere Vergütung besteht dadurch aber nicht. Der Antrag sollte zu Beginn der Ausbildung bei der zuständigen Stelle gestellt werden, es ist aber möglich, ihn noch bis zu ein Jahr vor Ende der Ausbildung zu stellen.
Eine weitere Möglichkeit, die Ausbildung zu verkürzen, ist eine vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung. Diese kann gestattet werden bei überdurchschnittlich guter Leistung oder bereits erworbener Berufspraxis im Ausbildungsberuf.

Überdurchschnittliche Leistung

Bei überdurchschnittlichen Leistungen kann die Ausbildungsdauer durch eine vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung verkürzt werden. So können Auszubildende nach § 45 BBiG nach Anhörung der Ausbildenden und der Berufsschule vor Ablauf der Ausbildungszeit zur Abschlussprüfung zugelassen werden, wenn ihre Leistungen dies rechtfertigen.
Überdurchschnittliche Leistungen bedeuten, dass der Notendurchschnitt in den prüfungsrelevanten Fächern auf dem letzten Berufsschulzeugnis besser als 2,49 sein muss. Auch die praktischen Ausbildungsleistungen müssen mit einer besseren Note als 2,49 bewertet werden. Eine Änderung der Prüfungszeit im Ausbildungsvertrag ist nicht nötig, denn mit bestandener Prüfung endet auch die Ausbildungszeit.

Berufspraxis anrechnen lassen

Zur Abschlussprüfung kann nach § 45 BBiG auch zugelassen werden, wer nachweist, dass er mindestens das 1,5-fache der Zeit, die als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig gewesen ist, in dem die Prüfung abgelegt werden soll. Dabei gelten auch Ausbildungszeiten in einem anderen, einschlägigen Ausbildungsberuf als Berufstätigkeit. Für die Zulassung zur Abschlussprüfung einer dreijährigen Ausbildung müssen also vier Jahre und 6 Monate Berufspraxis nachgewiesen werden.

Mindestausbildungsdauer

Es können auch mehrere Gründe zur Verkürzung kombiniert werden. Wer seine Ausbildungszeit bereits zu Ausbildungsbeginn wegen schulischer Vorbildung verkürzt hat, kann ebenfalls wegen überdurchschnittlicher Leistungen vorzeitig zur Abschlussprüfung zugelassen werden. Es gibt jedoch Mindestausbildungszeiten, die nicht unterschritten werden dürfen:

  • Bei einer Regelausbildungszeit von 3,5 Jahren: 2 Jahre
  • Bei einer Regelausbildungszeit von 3 Jahren: 1,5 Jahre
  • Bei einer Regelausbildungszeit von 2 Jahren: 1 Jahr

Teilzeitberufsausbildung

Der Antrag auf Verkürzung kann auch auf die Dauer der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit angewandt werden (§8 BBiG) – somit ist auch eine Teilzeitberufsausbildung möglich. Dafür muss jedoch „berechtigtes Interesse“ vorliegen, wie z.B. ein Kind oder ein pflegebedürftiger Angehöriger. Maximal kann die wöchentliche Ausbildungszeit auf 25 Stunden reduziert werden, ohne dass sich die Ausbildungsdauer verlängert. Oft wird dann jedoch auch nur eine anteilige Vergütung gezahlt. Mitunter kann es zu einer Verlängerung der Ausbildung kommen, wenn das Ausbildungsziel sonst nicht erreicht wird.

Wie stelle ich den Antrag auf Verkürzung der Ausbildung?

Um die Ausbildungszeit zu verkürzen, müssen Ausbilder und Auszubildender gemeinsam einen Antrag bei der dafür zuständigen Stelle stellen. Bei Minderjährigen muss der Antrag von den Eltern oder vom gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden.
Zuständige Stellen sind Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammer, Kammern der freien Berufe wie z.B. Ärzte- oder Rechtsanwaltskammern und Landwirtschaftskammern. Welche Stelle für Sie zuständig ist, erfahren Sie ganz einfach anhand des Stempels auf Ihrem Ausbildungsvertrag.

Der Antrag sollte, wenn möglich bereits zu Beginn der Ausbildung gestellt werden – er kann aber auch währenddessen eingereicht werden. Er muss jedoch spätestens bis kurz vor Beginn des zweiten Ausbildungsjahres gestellt werden. Die zuständige Stelle entscheidet dann über den Antrag.
Wird dem Antrag stattgegeben, ist der Ausbildende damit verpflichtet, in der noch verbleibenden Zeit alle Ausbildungsinhalte aus der Ausbildungsordnung zu vermitteln. Sowohl Ausbilder, als auch Auszubildender müssen sicherstellen, dass der Auszubildende auch mit verkürzter Ausbildungszeit die Ausbildungsziele erreicht.
Da die Regelungen in den verschiedenen Bundesländern nicht einheitlich sind, ist es hilfreich, sich noch einmal bei der zuständigen Stelle zu informieren, welche Möglichkeiten der Verkürzung es gibt.

Autor/in: Sarah Dreyer
Veröffentlicht am 8. Februar 2012

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