Schlechtes Arbeitszeugnis – was jetzt?

Schlechtes Arbeitszeugnis – was jetzt?

Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist der Albtraum aller Arbeitnehmer und erschwert die Jobsuche enorm. Doch sollte man ein besseres Zeugnis „einklagen“ oder das schlechte Zeugnis bei der nächsten Bewerbung einfach unter den Tisch fallen lassen?

Ob ein Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird oder nicht, kann von einem einzigen Dokument abhängig sein: dem Arbeitszeugnis. Denn Personaler gehen davon aus, dass der letzte Arbeitgeber den Bewerber am besten beurteilen kann und messen dem von ihm ausgestellten Zeugnis eine entsprechend große Bedeutung zu. [insert related]

Es lohnt sich also, jedes Arbeitszeugnis, das einer Bewerbung beigelegt wird, vorher genauestens zu prüfen oder sogar von einem Experten begutachten zu lassen. Dies gilt besonders für Arbeitnehmer, die in ihrer vorherigen Arbeitsstelle Konflikte mit dem Vorgesetzten hatten.

Worauf muss ich bei den Formulierungen im Arbeitszeugnis achten?

Arbeitnehmer haben nach § 109 der Gewerbeordnung bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss dieses wohlwollend formuliert sein und darf das berufliche Fortkommen nicht unberechtigt erschweren (BGH 26. November 63, DB 1964, S. 517).

Tatsächlich sehen jedoch beinahe alle Formulierungen im Arbeitszeugnis auf den ersten Blick wohlwollend aus. Ihre wirkliche Aussage kann aber eine ganz andere sein. Denn bestimmten Formulierungen wird unter Personalverantwortlichen eine bestimmte Leistung und „Note“ zugewiesen. Dabei kommt es vor allem auf die Feinheiten an. Während jemand der „stets Initiative, großen Fleiß und Eifer zeigte“ mit sehr guter Arbeitsbereitschaft gute Bewerbungschancen haben dürfte, könnte jemand, der „Initiative, Fleiß und Eifer zeigte“ Probleme bei der Jobsuche bekommen – denn seine Arbeitsbereitschaft wird nur als befriedigend bewertet.

Negative Wertung von fehlenden Aussagen

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Ebenso können fehlende Aussagen zu bestimmten Leistungen als negativ gewertet werden. Wenn branchenübliche Leistungen, wie z.B. die Belastbarkeit eines Redakteurs, im Arbeitszeugnis nicht genannt werden, kann dies vom Leser als fehlende Kompetenz verstanden werden. Arbeitnehmer haben in diesem Fall einen Anspruch auf Änderung ihres Arbeitszeugnisses. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 9 AZR 632/07). Achten Sie also darauf, dass im Arbeitszeugnis alle Tätigkeiten und besondere Leistungen Ihrer Branche genannt werden.

So beugen Sie einem schlechtem Arbeitszeugnis vor

Einem schlechten Arbeitszeugnis können Sie vorbeugen, indem Sie es selber formulieren, es anschließend von einem Experten prüfen lassen und Ihrem Chef dann lediglich zur Unterschrift vorlegen. So spart Ihr Chef viel Zeit und Sie gehen sicher, dass das Zeugnis Ihren Ansprüchen und denen zukünftiger Arbeitgeber entspricht. Die Prüfung durch einen Experten sollte aber auch hier unbedingt stattfinden, da sich in den Feinheiten der Zeugnissprache sonst auch von Ihnen unbemerkt Fehler einschleichen können. Lassen Sie jetzt Ihr Arbeitszeugnis überarbeiten

Was kann ich bei einem schlechten Arbeitszeugnis tun?

Generell gilt: Sie müssen nicht alle Formulierungen hinnehmen, die Ihr ehemaliger Chef potenziellen neuen Arbeitgebern in Ihrem Arbeitszeugnis offenbart. Ist das Arbeitszeugnis Ihrer Ansicht nach nicht gerecht, sollten Sie zunächst einmal das Gespräch mit dem Verfasser suchen. Eventuell steckt gar keine böse Absicht dahinter, sondern der Vorgesetzte ist selber der „Arbeitszeugnis-Geheimsprache“ nicht mächtig.

Alternativen vorschlagen

Suchen Sie die Textpassagen heraus, in denen Sie sich falsch bewertet fühlen und schlagen Sie Ihrem Chef Alternativen vor. Dabei sollten Sie jedoch unbedingt darauf achten, dass die Zeugnissprache professionell ist. Außerdem dürfen die geänderten Formulierungen nicht aus dem Gesamtbild des Zeugnisses herausstechen oder Widersprüche entstehen lassen. Personal-Entscheider erkennen sonst sehr schnell, dass über den Inhalt des Zeugnisses nachverhandelt wurde. Auch hier kann der Rat eines Experten helfen.

Der Gang zum Arbeitsgericht

Wenn eine gütliche Einigung nicht in Sicht ist, kann als letzter Schritt der Gang zum Arbeitsgericht helfen. Im Klageantrag müssen Sie genau angeben, welche Formulierungen in dem Zeugnis stehen sollen. Vor Gericht sind Sie dann, wenn Sie eine bessere Note als „befriedigend“ anstreben, in der Pflicht, zu beweisen, warum die Note Ihres Zeugnisses besser sein sollte. Lediglich wenn der Arbeitgeber Ihre Leistungen als unterdurchschnittlich, d.h. schlechter als „befriedigend“ bewertet hat, muss er die inhaltliche Richtigkeit des von ihm ausgestellten Zeugnisses beweisen.
Der Gang vors Arbeitsgericht sollte wohl überlegt sein. Denn das Verfahren kann nicht nur für Sie unangenehm werden, sondern auch für ehemalige Kollegen, die gegen Sie oder Ihren Chef aussagen müssen. Zudem können geschulte Personal Änderungen erkennen, die vor Gericht durchgesetzt wurden, da diese aus dem Gesamttext herausstechen. Der Eindruck, der Mitarbeiter ziehe bei Kleinigkeiten vor Gericht, kann mitunter ein schnelleres Aus bedeuten als ein schlechtes Arbeitszeugnis.

Wenn es sich um eine langjährige Beschäftigung handelt, deren Verlauf für weitere Bewerbungen von großer Bedeutung ist und Sie Beweise für eine ungerechte Beurteilung haben, macht es aber durchaus Sinn, zu klagen. Schließlich kann das Arbeitszeugnis sonst zum Stolperstein für Ihre gesamte weitere Karriere werden.

Bewerbung mit schlechtem Arbeitszeugnis: Verschweigen oder ansprechen?

Wenn Ihr Vorgesetzter stur bleibt oder das Arbeitsgericht zu seinen Gunsten entscheidet, müssen Sie ein schlechtes Arbeitszeugnis hinnehmen. Doch wie verhalten Sie sich bei zukünftigen Bewerbungen, legen Sie das Arbeitszeugnis bei oder versuchen es zu „verschweigen“?

Personaler können fehlende Papiere nachfordern

Sie können sich dafür entscheiden, den Bewerbungsunterlagen keine Kopie des mangelhaften Zeugnisses beizulegen. Beachten Sie jedoch, dass es jeder Personalabteilung frei steht, fehlende Papiere nachzufordern und es durchaus üblich ist, dass ein Arbeitgeber den vorherigen anruft. Generell wirft ein fehlendes Zeugnis natürlich Fragen auf, deshalb müssen Sie im Bewerbungsgespräch damit rechnen, dass Sie darauf angesprochen werden.

Bei einem schlechten Arbeitszeugnis nach einer nur kurzen Beschäftigung können Sie in Betracht ziehen, den ganzen Punkt im Lebenslauf zu streichen. Dann müssen Sie sich aber auf Fragen nach Ihrer Beschäftigung in dieser Zeit vorbereiten.

Schlechtes Arbeitszeugnis: In die Offensive gehen

Eine weitere Möglichkeit ist, das schlechte Arbeitszeugnis der Bewerbung beizulegen und bereits im Anschreiben in die Offensive zu gehen. So können Sie hier das schlechte Zeugnis kommentieren und es dazu nutzen, Ihre positiven Seiten zu betonen. Genauso können Sie im Vorstellungsgespräch vorgehen. Sprechen Sie das schlechte Zeugnis an und erklären Sie, warum Sie tatsächlich besser sind.

Wer im Vorstellungsgespräch auf ein fehlendes Arbeitszeugnis angesprochen wird, sollte in jedem Fall vermeiden, sich negativ über den ehemaligen Chef zu äußern. Grundsätzlich gilt: Sie müssen den Personaler so von sich beeindrucken, dass er von Ihrer Bewerbung oder dem Vorstellungsgespräch nur Ihre positiven Seiten im Gedächtnis behält.

Autor/in: Sarah Dreyer
Veröffentlicht am 19. Januar 2011

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