Boreout: Warum Langeweile und Unterforderung krank machen

Boreout: Warum Langeweile und Unterforderung krank machen

Burnout ist keine Seltenheit in unserer Leistungsgesellschaft. Weniger bekannt ist, das nicht wenige Arbeitnehmer ein anderes Problem haben: Sie sind in ihrem Job unterfordert. Diagnose: Boreout.

Wenn Homer Simpson auf der Arbeit nichts zu tun hat und sich lieber privaten Dingen widmet, ist dies lustig. Doch wenn die Langeweile zur täglichen Routine wird, kann sie krank machen. Auf Unterforderung, Langeweile und Desinteresse folgen Resignation und Krankheit.

Die englischen Autoren Philippe Rothlin und Peter R. Werder haben einen Begriff für dieses Phänomen ergefunden: Boreout – „ausgebrannt“ durch Langeweile. Gerade in den Ohren derjenigen, die am Gegenstück, dem [intlink id=“14214″ type=“post“]Burnout[/intlink] leiden, mag Krankheit durch Langeweile im Job im ersten Moment absurd klingen. Doch: Die Symptome von Bore- und Burnout sind häufig die gleichen. Dazu zählen Schlafstörungen, Depressionen, psychosomatische Erkrankungen wie Magenbeschwerden, Tinnitus oder Kopf- und Rückenschmerzen.

Wie kommt es zum Boreout?

Boreout entsteht, wenn der Arbeitnehmer sich während der Arbeitszeit langweilt, unterfordert oder desinteressiert ist.

Aus Langeweile entsteht Lustlosigkeit, denn warum soll man überhaupt noch arbeiten, wenn man sich langweilt und gar nicht mehr weiß, was man noch arbeiten soll? Und auch wer unterfordert ist, ist unglücklich, weil er ständig das Gefühl hat, dass er eigentlich viel mehr leisten kann, als er tatsächlich tut. Auch eine nicht-genügende Identifikation kann eine Ursache für Motivationsprobleme sein.

Allen Ursachen gemein ist, dass der Betroffene unglücklich ist, sich fehl am Platz fühlt und den Sinn der Arbeit vermisst. Denn wer nicht arbeitet, leistet auch nichts, worauf er oder seine Mitmenschen und Kollegen stolz sein könnten. Anerkennung gibt es also keine, weder für die Arbeit, noch für die Person.

Zwar sind die Symptome von Burnout und Boreout oft die gleichen, doch während Burnout zu einem gesellschaftlich „anerkannten“ Leiden geworden ist, trauen sich die meisten Boreout-Betroffenen nicht, über ihre Probleme zu sprechen. Denn was soll man schon von jemandem halten, der krank wird, weil er nichts tut?

Beschäftigt wirken

Damit er also nicht „auffällt“, versucht der Boreout-Betroffene mit allen Mitteln – und um solche zu finden hat er ja aufgrund seiner Langeweile genügend Zeit – beschäftigt zu wirken. Während Homer Simpson sich statt zu arbeiten mit viel Liebe seinen Donuts widmet, surft der Arbeitnehmer im digitalen Zeitalter im Internet, bucht die nächste Hotelreise oder gibt eine Sammelbestellung bei Amazon auf. Gleichzeitig versucht er jedoch, bei seinen Kollegen den Eindruck zu erwecken, hart zu arbeiten. Das kostet Kraft – sogar mehr Kraft als das Nichtstun. Und genau dies ist der Grund, warum der Boreout-Betroffene trotz Langeweile gestresst ist.

Hinzu kommt die ständige Angst davor, dass ans Licht kommt, dass der Arbeitnehmer überhaupt keine Arbeit leistet.

Doch warum kommt es in manchen Unternehmen zu Boreout?

Es kann verschiedene Gründe dafür geben, dass Mitarbeiter beginnen, sich auf der Arbeit zu langweilen. Meist gibt es zu wenig Arbeit im jeweiligen Bereich. Durch Maschinen wurden in bestimmten Bereichen ganze Aufgabenbereiche gestrichen. Öde Routinearbeiten ersetzen die vorherigen anspruchsvollen Aufgaben. Boreout kann aber auch entstehen, wenn die Auftragslage in bestimmten Unternehmen schlecht ist, die Mitarbeiter aber weiter in ihrer Stelle bleiben.

Ebenso kann Langeweile vorkommen, wenn man in einem Job arbeitet, für den man eigentlich überqualifiziert ist. Wer z.B. der Arbeitslosigkeit entgehen möchte und dafür einen Job annimmt, für den eigentlich eine geringere Qualifikation genügt, kann ebenso unter Boreout leiden wie jemand, der zwar in der richtigen Position arbeitet, aber einfach nichts zu tun hat.

Selbstständige leiden nicht unter Boreout

Dass Boreout viel mit der Identifikation mit dem Unternehmen zu tun hat, zeigt die Tatsache, dass Selbstständige fast nie unter Boreout leiden. Warum? Sie stecken ihr ganzes Herzblut in ihre Arbeit, denn wenn sie dies nicht tun würden, würde die Insolvenz drohen. Eine Möglichkeit, Boreout entgegenzuwirken, wäre also für eine Identifikation der Arbeitnehmer mit dem Unternehmen zu sorgen. Schließlich schadet Boreout nicht nur der Psyche der Arbeitnehmer, sondern auch die Arbeitgeber ziehen daraus einen hohen wirtschaftlichen Schaden.

Wo kommt Boreout vor?

Während ein Schreiner nicht so tun kann, als ob er einen Schrank zimmert, sind gerade Verwaltungsangestellte häufig von Boreout betroffen. Und: Natürlich tragen das Internet und die Digitalisierung der Arbeitswelt zur Verbreitung des Boreouts bei.

Anzeichen für Boreout

Folgende Symptome sprechen dafür, dass ein Arbeitnehmer an Boreout leidet:

  • Sie fühlen sich gestresst, obwohl Sie überhaupt keinen Stress haben.
  • Sie fragen sich, welchen Sinn Ihre Tätigkeit überhaupt hat.
  • Sie haben das Gefühl, Sie sitzen Ihre 40-Stunden-Woche nur ab.
  • Sie nutzen viel Ihrer Arbeitszeit, um mit Kollegen zu quatschen.
  • Sie erledigen private Dinge während der Arbeitszeit.
  • Sie fühlen sich unterfordert.
  • Sie fühlen sich gelangweilt.
  • Sie tun gelegentlich so, als würden Sie nur arbeiten.
  • Sie sind mit Ihrer Arbeit unglücklich.
  • Sie vermissen den tieferen Sinn Ihrer Arbeit.
  • Sie würden eigentlich gerne etwas anderes machen.
  • Sie verschicken während der Arbeit private E-Mails an Kollegen.
  • Sie machen öfter Überstunden, obwohl Sie überhaupt nichts mehr zu tun haben.

Was können Sie selbst tun, wenn Sie unter Boreout leiden?

In den meisten Fällen können Sie selber etwas an Ihrer Situation ändern! Der erste Schritt ist Selbsterkenntnis. Wenn Sie eine der folgenden Fragen mit „Ja“ beantworten können, dann können Sie etwas an Ihrer Boreout-Situation ändern:

  • Können Sie die Stelle wechseln in eine Stelle, in der keine Langeweile auftreten würde? Eventuell sogar intern?
  • Könnte eine Weiterbildung oder Umschulung helfen, auch weitere Aufgaben übernehmen zu können oder in einem anderen Arbeitsbereich tätig zu werden?
  • Würde ein Gespräch mit dem Arbeitgeber helfen, etwas an der Situation zu ändern? Erklären Sie Ihrem Chef, dass Sie sich über neue Aufgaben freuen würden.
  • Könnten Sie selber Ihren derzeitigen Job ansprechender und anspruchsvoller gestalten?
  • Ist in einigen Monaten eine Veränderung zu erwarten, z.B. wenn sich die Auftragslage ändert?
Autor/in: Sarah Dreyer
Veröffentlicht am 8. September 2011

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