So meistern Sie das Bachelor Studium erfolgreich

So meistern Sie das Bachelor Studium erfolgreich

Jeder Student kennt das: Motivationsprobleme, das Lernen auf die letzte Sekunde verschieben oder aufgrund einer Schreibblockade nicht vorwärts zu kommen. Im Interview mit bildungsXperten gibt Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg Tipps, wie sich diese Schwierigkeiten bewältigen lassen.

bildungsXperten:

Frau Dr. Bensberg, Sie sind Germanistin und Psychologin und haben bereits einige Bücher publiziert. Bitte stellen Sie sich und Ihre Tätigkeit kurz vor.

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Ich habe nach dem Abitur zunächst Germanistik und Pädagogik studiert und im Zweitstudium Psychologie. Insgesamt war ich viele Jahre als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Hochschuldienst tätig, seit 1992 arbeite ich für das Studentenwerk Mannheim. Ich habe Zusatzausbildungen in Klientenzentrierter Psychotherapie und Klinischer Verhaltenstherapie absolviert und biete Kurzzeittherapien, Beratungen und Coachings an, wie zum Beispiel Prüfungscoachings und Schreibcoachings. Letzteres biete ich besonders gerne an, denn Schreiben ist mein Hobby – daher auch die recht vielen Publikationen – und ich möchte gerne etwas von dem Spaß, den man dabei haben kann, weitergeben.

Buchtipp

Survivalguide Bachelor 19,95€

Leistungsdruck, Prüfungsangst, Stress und Co? Erfolgreich mit Lerntechniken, Prüfungstipps. So überlebst Du das Studium!Jetzt bestellen

bildungsXperten:

Sie selbst haben ein Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien und ein Diplom. Was halten Sie persönlich von der neuen Form des wissenschaftlichen Abschlusses – dem Bachelor?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Als ich jung war, habe ich mir ungern von irgendwelchen Autoritäten Vorschriften machen lassen, sondern eher meinen eigenen Weg gesucht. Daher war es für mich eine tolle Erfahrung, an der Uni im Fach Germanistik Interpretationsansätze formulieren zu können, die dem Mainstream der Forschung entgegengerichtet waren und damit auch noch Erfolg zu haben. Junge Menschen, die so sind, kommen mit den verschulten Bachelorstudiengängen schwerer zurecht als mit dem alten System. Mir tut es persönlich etwas leid, dass die Wissenschaftlichkeit, also das eigenständige Forschen und Entwickeln von Ideen, doch vielfach auf der Strecke bleibt. Allerdings war es auch früher nur ein Teil der Studierenden, der daran Interesse hatte. Diese Studentinnen und Studenten müssen sich heute Nischen suchen oder sollten von vornherein den Master und vielleicht sogar die Promotion einplanen.

bildungsXperten:

Denken Sie, dass der Bachelor in Kombination mit dem Masterabschluss bereits genauso angesehen ist, wie das „gute alte Diplom“?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Diese Frage kann man so pauschal nicht beantworten. Die Anerkennung scheint je nach Fachbereich sehr unterschiedlich zu sein. Generell ist es so, dass einem mit dem Bachelor nicht alle Berufs- und Aufstiegsmöglichkeiten offenstehen. Wer beispielsweise Gymnasiallehrer werden will oder die Approbation als klinischer Psychologe anstrebt, braucht den Master. Auch die Einkommen unterscheiden sich in Abhängigkeit von dem Hochschulabschluss.

bildungsXperten:

Viele Studenten sind bereits von Beginn des Studiums extrem gestresst und stehen unter einem enormen Leistungsdruck. Denken Sie, dass es nötig ist, sich als Student bereits ab dem ersten Semester zu verausgaben, oder kann der Anfang durchaus erst einmal als Orientierungsphase gesehen werden?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Mittlerweile ist die Bedeutung der Noten des ersten Semesters in einigen Fächern etwas „entschärft“ worden, indem ihre Gewichtung reduziert wurde. Das ist aber keinesfalls die Regel. Aufgrund der Strukturiertheit der Bachelorstudiengänge, in denen Module aufeinander aufbauen und viele Lehrveranstaltungen zum Teil entweder nur im Sommer- oder nur im Wintersemester angeboten werden, ist es kaum mehr möglich, die erste Zeit als Orientierungsphase zu nutzen.

Schon zu Studienbeginn mit dem Lernen einzusteigen, heißt aber nicht zwangsläufig, sich zu verausgaben. Indem man gleich in den ersten Semesterwochen einen Lernplan erstellt und wichtige Veranstaltungen vor- und nachbereitet, erspart man sich viel Lernstress und geht besser vorbereitet in die Prüfungsphase. Es ist leider immer noch so, dass viele Studierende aus der Schule ein Lernverhalten mitbringen, das darin besteht, sich erst kurz vor einer Klausur die gesamten Lerninhalte in „den Kopf zu hauen“. Bedingt durch die viel größere Stoffmenge und die abgesehen von einigen Midterm-Klausuren für Deutschland typischen punktuellen Prüfungen am Ende eines Semesters, ist die Übertragung dieser Strategie von der Schule auf das Studium aber alles andere als effizient und führt in vielen Fällen zu Stress und Prüfungsversagen.

bildungsXperten:

Manche Studenten kommen psychisch mit dem Leistungsdruck nicht zurecht und zeigen bereits in den ersten Semestern Anzeichen des Burn-Out-Syndroms. Welche Entspannungstechniken können Sie den Studenten empfehlen?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Es gibt viele wirksame Entspannungstechniken. Zu nennen sind hier vor allem das Autogene Training, die Progressive Muskelentspannung, Yoga und meditative Techniken. Viel wichtiger als das Erlernen einer Entspannungsmethode ist es aber, für ein gutes Zeitmanagement zu sorgen, in dem auch Freizeit und Kontakte mit anderen vorgesehen sind. Und noch wichtiger ist es, dass man sich für das Fach interessiert, es einem im besten Fall Spaß macht, sich mit den Inhalten zu beschäftigen, und das Studium außerdem einen weiterführenden Sinn hat, indem es auf einen bestimmten Beruf vorbereitet.

bildungsXperten:

Spielt das Arbeitsumfeld eine große Rolle bei der Bewältigung des Lernpensums? Wie wichtig sind Lerngruppen und welche Rolle spielt ein ergonomischer Arbeitsplatz?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Das Arbeitsumfeld ist mit Sicherheit wichtig. Zu idealen Arbeitsbedingungen gehören Ruhe, gute Lichtverhältnisse und eine angenehme Zimmertemperatur. Auch der Blick nach draußen kann eine Rolle spielen. Es ist ein Unterschied, ob ich auf kahle Mietshäuser oder in einen Garten schaue.

Die Prinzipien eines ergonomischen Arbeitsplatzes sollten beachtet werden. Zu uns kommen nicht selten Studierende mit schmerzhaften Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich, die bei einigen sogar Schwindelgefühle auslösen, was natürlich zu sekundären Lernproblemen führen kann. Allerdings sollte man diese Einflussfaktoren auch nicht überschätzen. Ein hochmotivierter Student wird in jedem Arbeitsumfeld lernen.

Lerngruppen sind vor allem zur Vorbereitung auf mündliche Prüfungen wichtig, denn sie bieten durch die Möglichkeit, die Prüfungssituation zu simulieren, eine sehr gute Übung für den Ernstfall. Wenn es allerdings darum geht, für eine Klausur viel Faktenwissen zu speichern, sind sie vor allem psychologisch hilfreich durch die Erfahrung, mit seinen Problemen und Ängsten nicht allein zu sein.

bildungsXperten:

Welche Tipps können Sie den Studenten geben, denen es schwer fällt, sich für das Studium zu motivieren?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Eine hohe Studienmotivation kommt vor allem auf zwei Wegen zustande: Interesse an den Inhalten des Studiums – die intrinsische Motivation – oder hohe Gewichtung des Studiums als Zugangsvoraussetzung für einen angestrebten Beruf – die extrinsische Motivation. Idealerweise sind beide Komponenten miteinander verbunden und hoch ausgeprägt. Wer auf die Frage, was er/sie mit dem Studium denn beruflich einmal anfangen möchte, mit „Null Ahnung“ antwortet, außerdem erklärt, dass er/sie die Studieninhalte samt und sonders „öde“ findet und mit dem Lernen an sich schon immer auf Kriegsfuß stand, gehört meiner Meinung nach nicht an eine Hochschule, jedenfalls nicht unmittelbar nach dem Abitur. Solche Abiturienten sollten erst einmal eine Ausbildung machen oder ein Auslandsjahr als Praktikant bzw. Au pair einlegen und in dieser Zeit über sich und ihr Leben nachdenken, um am Ende eine begründetere Entscheidung über ihre Zukunft zu treffen. Tests können, wenn es um die Motivation geht, hilfreich sein, denn es kann sich herausstellen, dass die Problematik einfach nur mit der Wahl des falschen Studiengangs oder der Hochschulform zusammenhängt. Generell ist es für die Studienmotivation förderlich, wenn man seine Zeit gut strukturiert, sich für geleistete Arbeitseinheiten belohnt und Freizeit und soziale Kontakte nicht zu kurz kommen, das heißt, man sollte auf die Work-Life-Balance achten.

bildungsXperten:

Was raten Sie Studenten, die unter Konzentrationsschwierigkeiten leiden?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Man sollte zunächst abklären, ob tatsächlich Konzentrationsstörungen vorliegen. Hinter vielen sogenannten Konzentrationsschwierigkeiten verbergen sich motivationale Probleme. Es gibt geeignete Testverfahren, um hier eine realistische Einschätzung zu treffen.

Manche Studierende fühlen sich konzentrationsgestört, ohne es im geringsten zu sein, weil sie einfach unrealistische Vorstellungen von der menschlichen Konzentrationsfähigkeit haben. Lässt sich aber tatsächlich eine schwerwiegende Beeinträchtigung nachweisen, muss man nach der Ursache forschen, u.a. auch die mögliche Diagnose ADHS-E (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung-Erwachsene) abklären und ggf. eine weitergehende medizinische Behandlung einleiten. Bei leicht unterdurchschnittlicher Konzentrationsleistung genügt es meist, sein Konzentrationsvermögen durch bestimmte Übungen zu trainieren. Geeignet sind vor allem Achtsamkeitsübungen, die den Vorteil haben, überall einsetzbar zu sein.

bildungsXperten:

Gibt es Möglichkeiten, die Angst vor einer Prüfung zu überwinden? Was tue ich z.B. bei einer Schreibblockade?

Dipl.-Psych. Dr. Gabriele Bensberg:

Hier gibt es viele Möglichkeiten. Man kann z.B. Entspannungsmethoden erlernen oder das „innere Sprechen“ verändern, also negative Gedanken und Selbstaussagen kontrollieren und durch realistischere, positivere Kognitionen ersetzen. Es kann auch helfen, die eigenen Katastrophengedanken konsequent zu Ende zu denken – was genau wäre der „worst case“? – und sich für diesen Fall konkrete Bewältigungsmaßnahmen überlegen. Untersuchungen haben ergeben, dass erfolgreiche Menschen einen gesunden Pessimismus haben. Sie beziehen die Möglichkeit des Scheiterns immer mit ein, bleiben dabei aber nicht stehen, sondern entwickeln von Anfang an Gegenstrategien.

Prüfungsangst ist in manchen Fällen auch Realangst und wird durch eine ungenügende Vorbereitung ausgelöst. Hier hilft dann nur, den inneren „Schweinehund“ zu überwinden und mehr Zeit für das Lernen zu investieren und vor allem rechtzeitiger damit anzufangen.

Ein bestimmtes Maß an Aufgeregtheit ist im übrigen völlig normal und ähnlich dem „Lampenfieber“ bei Schauspielern dem Prüfungserfolg sogar förderlich. Wenn man allerdings schon Wochen vor einem Prüfungstermin unter Schlafstörungen leidet, die Lebensqualität durch permanente Angstgedanken beeinträchtigt ist und man in Prüfungen sein Wissen angstbedingt nicht abrufen kann, sollte man sich in jedem Fall professionelle Hilfe suchen und einen Termin bei der Psychotherapeutischen Beratungsstelle für Studierende am Hochschulort ausmachen.

Schreibblockaden sind von der eigentlichen Prüfungssituation losgelöst zu betrachten, da sie meist im Rahmen von umfangreichen schriftlichen Arbeiten auftreten. Es gibt einige Übungen, die man einsetzen kann, um die Blockaden zu lösen, z.B. Free Writing (man schreibt ohne Unterbrechung einfach drauflos), Worst Writing (man verfasst bewusst einen in jeder Hinsicht schlechten Text), Clustern (man erstellt ausgehend von einem zentralen Begriff assoziativ Wortketten) usw. Oft steckt hinter Schreibblockaden aber eine tiefergehende Problematik, die einer längerfristigen Beratung bedarf.

Das Interview führte Julia Höger.

Autor/in: Dr. Gabriele Bensberg
Veröffentlicht am 11. Mai 2011

Tags: , , , ,