Ausbildungsqualität verbessern – mit einer Betriebsvereinbarung

Ausbildungsqualität verbessern – mit einer Betriebsvereinbarung

Jetzt ist es wieder soweit: Viele Auszubildende beginnen ihre Ausbildung in Betrieben und Unternehmen. In vielen Branchen ist es in den letzten Jahren zu einer Neuordnung des Berufsbildes gekommen. Ausbildungsordnungen wurden geändert, Ausbildungsberufe neu gegliedert. Betriebsrat sowie Jugend- und Auszubildendenvertretung können dazu beitragen, dass eine qualifizierte Ausbildung im Betrieb sichergestellt ist: Mit einer Betriebsvereinbarung.

Struktur der Ausbildung nach Berufsbildungsgesetz

Nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) ist der Ausbildungsbetrieb verpflichtet, dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels nötig ist. Von den Auszubildenden wird verlangt, die für die Ausbildung erforderlichen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse zu erwerben.

Der Betriebsrat sollte darauf achten, dass die Ausbildung auch im Sinne des Auszubildenden läuft. Er kann hier seine Rechte aus dem Betriebsverfassungsgesetz wahrnehmen und die Ausbildung über eine Betriebsvereinbarung konkretisieren.

Im Blick haben sollte der Betriebsrat:

  • die Ausbildungsordnung und den Ausbildungsrahmenplan, bei denen der Betriebsrat einen Überwachungsauftrag nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat
  • den betrieblichen Ausbildungsplan und die betrieblichen Versetzungspläne, die durch Mitbestimmungsrechte gestaltbar sind

Es sind nur Ausbildungen zulässig, deren Ausbildungsordnung staatlich anerkannt ist. Die jeweilige Ausbildungsordnung wird vom Bundesministerium für Wirtschaft oder anderen zuständigen Fachministerien im Einvernehmen mit dem Bundesbildungsministerium durch Rechtsverordnung erlassen. Die steigenden Anforderungen an die Arbeitnehmer, eigenständig zu handeln und zu entscheiden, haben auch Auswirkungen auf die Ausbildung.

Dies bedeutet in der Praxis:

  • Ausbildungsordnungen verlangen in Ausbildung und Prüfung die Erledigung berufstypischer Situationen. Bei einer Bankkauffrau kann dies ein Kundenberatungsgespräch oder bei einem Informatik-Kaufmann eine Projektarbeit mit abschließendem Fachgespräch sein.
  • Es soll so nicht nur auf die berufliche Fachkompetenz, sondern auch auf Sozialkompetenz geachtet werden, zum Beispiel Teamfähigkeit, Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft.

Die Ausbildungsordnung hat nach § 5 Abs. 1 BBiG einen Ausbildungsrahmenplan festzulegen, der eine Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Vermittlung der beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten umfassen muss. Da die Ausbildungsrahmenpläne häufig interpretierbar und flexibel sind, ist eine betriebliche Ausgestaltung der Ausbildung über den betrieblichen Ausbildungsplan erforderlich. Hier empfiehlt sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung.

Sechs Eckpunkte einer Betriebsvereinbarung

  • Zielsetzung der Betriebsvereinbarung
  • Erstellung des betrieblichen Ausbildungsplans
  • Aufgaben der Ausbilder
  • Entwicklungsgespräche der Ausbilder mit den Auszubildenden
  • Beteiligung des Betriebsrats bei Gestaltung des Ausbildungsablaufes
  • Ausbildungsausschuss

Zielsetzung der Betriebsvereinbarung

Ziele der Betriebsvereinbarung können zum Beispiel das Gewinnen von Nachwuchskräften zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, die Umsetzung einer qualitativ hochwertigen Ausbildung oder die Verbesserung der Zusammenarbeit von Unternehmen und Betriebsrat/JAV sein.

Betrieblicher Ausbildungsplan

Auch die konkrete Ausgestaltung des Ablaufes der Ausbildung kann über die Betriebsvereinbarung gestaltet werden.

Mögliche Formulierung in der Betriebsvereinbarung: „Es wird ein sachlich und zeitlich gegliederter Ausbildungsplan erstellt. Auf dieser Basis werden vom Ausbilder Versetzungspläne erarbeitet. Diese bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats.“

Betriebsrat und JAV haben hier nicht nur einen Überwachungsauftrag, sondern können durch ihre Mitbestimmung auch die Ausbildungsqualität verbessern. Die rechtlichen Rahmenbedingungen gibt das Berufsbildungsgesetz vor und deren konkrete Ausgestaltung erfolgt dann betrieblich über die Betriebsvereinbarung.

Der Betriebsrat kann in der ­Betriebsvereinbarung auch Grundsätze festschreiben, die bei Erstellung des Ausbildungsplans zu berücksichtigen sind. Eine mögliche Formulierung in der Betriebsvereinbarung lautet:

„Die Führung von Auszubildenden ist auch im Zusammenhang mit dem jeweiligen Entwicklungs- und Ausbildungsstand zu sehen. Der Umgang mit einem Auszubildenden aus dem ersten Ausbildungsjahr ist anders als mit Auszubildenden des dritten Ausbildungsjahrs. Folgende pädagogische Prinzipien sind bei Erstellung des betrieblichen Ausbildungsplans zu beachten:

  • Vom Leichten zum Schwierigen: Der Auszubildende sollte deshalb schrittweise an immer schwierigere Tätigkeiten herangeführt werden.
  • Vom Einfachen zum Komplexen: Kleine, verdauliche Lernportionen kann der Auszubildende so besser aufnehmen.
  • Vom Bekannten zum Unbekannten: Unbekanntes erzeugt manchmal Unsicherheiten oder sogar Angst. Regeln oder Lehrsätze lassen sich leichter einsehen oder begreifen, wenn sie von der Wirklichkeit abgeleitet werden. Konkrete Beispiele sind wichtig.

Der auf Basis dieser Grundsätze erstellte betriebliche Ausbildungsplan wird dem Betriebsrat ausgehändigt. Zu diesem Ausbildungsplan erfolgt eine Abstimmung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Die Umsetzung des Ausbildungsplans bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.“

Aufgaben des Ausbilders

Aufgabe der Ausbilder ist es, die notwendigen praktischen und theoretischen Kenntnisse zu vermitteln. Damit hierfür im Betrieb auch ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt wird, könnte die Formulierung in der Betriebsvereinbarung so aussehen: »Für die Ausbildungsaufgaben ist Ausbildern und Ausbildungsbeauftragten die erforderliche Arbeitszeit einzuräumen, um die Ziele der be­trieblichen Ausbildung zu erreichen. Es sind zeitliche Freiräume zu schaffen und Vertretungsregelungen zu organisieren.«

Entwicklungsgespräche mit Auszubildenden

In vielen Betrieben wird der regelmäßige fachliche Austausch zwischen Ausbilder und Auszubildenden in einer Betriebsvereinbarung geregelt: »Das Auszubildendengespräch ist als offener und vertrauensvoller Dialog zwischen dem Ausbilder und dem Auszubildenden zu führen. Anders als in einer nur schriftlichen Beurteilung werden unterschiedliche Sichtweisen miteinander besprochen.
Die Gegenstände des Gesprächs ergeben sich aus den im Leitfaden dargelegten Kriterien und Verhaltensankern.«

»Zur Sicherstellung einer hohen Qualität der Ausbildung und zur zielorientierten Förderung der Auszubildenden sind regelmäßige Gespräche zwischen dem Ausbilder und dem Auszubildenden erforderlich.«

Beteiligung des Betriebsrats

Die Beteiligung des Betriebsrats sollte sich auch auf folgende Bereiche beziehen: »Für die Betriebsausbildung der Auszubildenden werden Mitarbeiter als Ausbildungsbetreuer, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat, benannt.«

»Die Versetzungspläne werden nach Anhörung des Betriebsrats in Zusammenarbeit mit der Jugendvertretung vom Ausbilder über die gesamte Dauer der Ausbildung erstellt. Kurzzeitige Einsätze außerhalb des Versetzungsplans sind nur aus dringenden betrieblichen Gründen möglich und unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats.«

»Mindestens einmal pro Quartal findet ein Informationsaustausch zwischen Ausbildungsleitung, Betriebsrat, Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie bei Bedarf der betreffenden Ausbildungsbeauftragten statt.«

Ausbildungsausschuss

In der Betriebsvereinbarung müssen die Aufgaben des Ausbildungsausschusses klar definiert werden. Es kann sich handeln um:

  • ein reines Beratungsgremium
  • ein Organ der Mitbestimmung, bei dem eine Abstimmung über die konkreten Bildungsmaßnahmen erfolgt
  • ein Gremium mit erweiterten Mitbestimmungsrechten, das beispielsweise die Berufsbildungsplanung hinsichtlich der Anzahl zukünftiger Ausbildungsstellen abstimmt

Die Definition der Befugnisse des Ausschusses hängt größtenteils von der Bereitschaft des Arbeitgebers ab. Vorab muss der Betriebsrat aber intensiv intern diskutieren, welche Ziele er mit der Ausschussarbeit verfolgt. In vielen Betrieben hat sich die Einrichtung einer paritätischen Kommission bewährt. So wird gemeinsam über die Qualität der Ausbildung und den Ablauf der Ausbildung beraten und das weitere Vorgehen geklärt. Die Funktion dieser Einrichtung sollte in einer Betriebsvereinbarung definiert werden: »Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten in einem ständigen Prozess zusammen und beraten mit dem Ziel des Einvernehmens über:

  • Ziele und Instrumente der betrieblichen Ausbildung
  • Abstimmung von betrieblichem Ausbildungsplan und Versetzungsplänen der Auszubildenden
  • Bewertung der bereits durchgeführten Schulungsmaßnahmen für Auszubildende
  • Ausbildungsplanung für das Folgejahr.« »Dem Ausbildungsausschuss sind vom Unternehmen rechtzeitig und umfassend alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören Informationen über den betrieblichen Ausbildungsplan, die Lehrmethoden und den geplanten Zeitpunkt.«

»Im Betrieb ist ein Ausbildungsausschuss einzurichten. Dieser besteht aus je 3 Mitgliedern von Geschäftsleitung und Betriebsrat/JAV, die von der jeweiligen Betriebspartei benannt werden.«

»Kommt der Ausbildungsausschuss zu keiner Einigung, so entscheiden Geschäftsleitung und Betriebsrat gemeinsam. Kommt bei den Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat keine Einigung zustande, entscheidet auf Antrag einer der Betriebsparteien die Einigungsstelle, deren Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt.«

Fazit

Da sowohl Betriebsrat als auch Jugend- und Auszubildendenvertretung für die Angelegenheiten junger Arbeitnehmer und Auszubildender zuständig sind, verpflichtet das Betriebsverfassungsgesetz beide Gremien zum gemeinsamen Handeln. Bei der Umsetzung des Berufsbildungsgesetzes im Betrieb haben beide Gremien die wichtige Aufgabe, die Einhaltung des Gesetzes zu überwachen und die konkrete Ausgestaltung durch Betriebsvereinbarungen vorzunehmen.

Autor/in: Jessika Köhler
Veröffentlicht am 19. August 2016

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